HERWIG/HOLZHERR: „DREAM WORLDS"

Schon in der Antike wurden Bauten nur zum Vergnügen der Massen errichtet, denkt man an den Circus Maximus in Rom. In der Neuzeit förderten die frühen Weltausstellungen derartige Kombinationen von Architektur und Unterhaltungseffekt wie jener Londoner „Crystal Palace" von 1851 (übrigens dient in Dallas/Texas eine Replik als World Trade Center!) bis zu ersten puren Vergnügungscentern wie auf Coney Island/New York.

Den großen Durchbruch der gezielt als Unterhaltungsparadiese errichteten Traumwelten aber bereiteten zwei ursprünglich sehr gegensätzliche Anlagen in den USA vor: die „Disney World" für das harmlose Vergnügen der ganzen Familie und die Spielerstadt Las Vegas, wo das teils nicht jugendfreie Rahmenprogramm 365 Tage im Jahr rund um die Uhr das erwachsene Publikum zum Glücksspiel animieren soll.

Unter dem Titel „Dream Worlds. Architecture and Entertainment" stellen Oliver Herwig und Florian Holzherr die faszinierende Entwicklung des so genannten Architainments von der Antike zur schillernden und ständigem Wandel unterliegenden gegenwärtigen Epoche der perfektionierten Kulissen für die Spaß- und Freizeitgesellschaft vor. Vergnügen, Unterhaltung, Jagd nach dem schnellen Glück, Konsum – alles muss massentauglich konzipiert sein und es verwundert nicht, dass Las Vegas bei den Darlegungen den zentralen Platz bekommen hat.

Längst ist in der Vergnügungshauptstadt der Welt der Wandel von der Glücksspielhochburg zum Unterhaltungsparadies für die ganze Familie vollzogen. Ganze Komplexe von Themenhotels sorgen für die Rundumversorgung jedes Besuchers und Kritiker sprechen von einer „Disneyfication" seit Beginn der 90er Jahre. Die Magnetwirkung von Orten wie Las Vegas liegt nicht zuletzt in ihrer vulgären Extravaganz, die sich unentwegt neu erfinden muss.

Doch auch die jüngsten Trends wie jene alles bietenden Malls – allen voran die gigantische „Mall of America" - oder künstliche Meeresschwimmbäder oder jene traumhaften Palasthotelanlagen auf künstlichen Inseln vor der Küste von Dubai werden beschrieben und ein Blick in die Zukunft gewagt. Fantasien ausleben, Hingabe ans pure Vergnügen, Konsum vor der Kulisse immer neuer Illusionen: die Menschen wollen unterhalten werden, aber mit ebenso raffinierter wie leicht verdaulicher Animation, entsprechend groß ist der Bedarf an Architainment.

 

 

# Oliver Herwig/Florian Holzherr: Dream Worlds. Architecture and Entertainment (Engl. Originalausgabe); 160 seiten, 180 Abb., Großformat; Prestel Verlag, München;49,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: SB 192 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de