BRUNO BAUMANN: "DER SILBERPALAST DES GARUDA"

Das sagenumwobene Shangri-La war einst Triebfeder für den Österreicher Bruno Baumann, Ethnologe und Historiker zu werden. Längst zum Tibet-Experten geworden, vermeinte er vor einigen Jahren, das geheimnisvolle Königreich Shambala = Shangri-La im Himalaya anhand ungenauer Reiseberichten geortet zu haben. Tatsächlich gefunden hat er das für die Forschung gar nicht wirklich existierende Shang-Shung-Reich im Westen Tibets.

"Der Silberpalast des Garuda" hat Baumann seinen Bericht über die abenteuerliche Entdeckungsreise überschrieben, denn Einheimische wiesen ihn zum Khyunglung Ngulkar Karpo, eben jenem angeblichen Silberpalast im Garuda-Tal. Und wie einem Schliemann des 21. Jahrhunderts gelang es dem Forscher, auf der Grundlage vager Erzählungen und allgemein angezweifelter Behauptungen die Keimzelle dessen aufzuspüren, was tatsächlich vor weit über 2000 Jahren als mächiges Reich mehr als nur Tibet beherrschte.

Das erst 644 nach Christus untergegangene Shang-Shung-Reich war offenbar eine Hochkultur mit eigener Schrift, Medizin und Astrologie und wurde getragen von der Bon-Religion. Hierher stammen die wahren Ursprünge der tibetischen Kultur und die Gschichtsschreibung muss vermutlich umdenken über die frühen buddhistischen Reiche: nicht sie beherrschten Zentralasien als erste und ihre Religion wurde wesentlich vom blutigen Bon-Ritus mitgeprägt und dann durchaus nicht nur friedlich verbreitet.

Baumann entdeckte die gewaltige Steinwand mit den zerfallenen Resten von Klöstern, Tempeln und Wehranlagen und einem Höhlenlabyrinth bei der verwegenen Erstbefahrung des Sutley-Flusses. Über 400 Meter hoch in der Wand des Canyons, in der Nachmittagsonne silbern glänzend, offenbarte sich die Wiege der tibetischen Kultur, die entgegen der Geschichtsschreibung nicht im 1000 Kilometer entfernten Lhasa sondern im Garuda-Tal in der frühen Zeit der Shang-Shung-Könige stand.

Westlich vom heiligen Berg Kailash also eine Art Troja im Himalaya und Bruno Baumann sein Entdecker? Von der Bedeutung her vielleicht, von den Funden her darf man allerdings keine derartigen Schatzkammern erwarten in dieser rauen, kargen Weltgegend. Im wesentlichen wurden die Bauten in die Felsenwände geschlagen und die Artefakte sind überwiegend Steinrelikte. Für die Forschung bleibt da noch viel zu untersuchen und vor allem die Wurzeln des Buddhismus zu überdenken. Baumann aber bleibt der Ruhm des Entdeckers und für den Leser ein fesselnd erzähltes Forschungsabenteuer.

 

 

# Bruno Baumann: Der Silberpalast des Garuda. Die Entdeckung von Tibets letztem Geheimnis; 325 Seiten, div. Abb.; Malik Verlag, München; € 24,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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