LAYLA DAWSON: "CHINA'S NEW DAWN"

China: ein Paradies für Freigeister, so sie denn Architekten sind. Eindrucksvoll belegt Layla Dawson diese noch vor wenigen Jahren völlig unsinnig erscheinende Feststellung mit ihrem auf Englisch erschienenen Textbildband "China's New Dawn. An Architectural Transforamtion". Eine Fülle teils atemberaubender Projektbeispiele kennzeichnet die Volksrepublik bei ihrem geradezu explosiven Wirtschaftswachstum als das neue Land der (fast) unbegrenzten Möglichkeiten.

Irreal erscheint da das verdrehte Würfelgebilde, das in spätestens drei Jahren 230 Meter in den Pekinger Himmel ragen soll. Rem Koolhaas hat es entworfen und es wird rechtzeitig zur Olympiade als neues Fernsehzentrum mit Leben erfüllt werden. Futuristisch wird auch das im Bau befindliche Stadion auf dem hinreißend entworfenen Olympia-Gelände aussehen. Auch hier sind es mit Herzog und de Meuron westliche Architekten, für die die noch immer roten Machthaber nur eine Forderung zu kennen scheinen: großartig muss es sein und höher und größer, als es in Europa auch nur denkbar wäre.

Gigantomanie darf sein, soll sein, wenn für die Expo 2010 in Shanghai ein 492 Meter hohes World Financial Center errichtet wird, Kohn, Pedersen, Fox haben den dann höchsten Turm der Welt geplant. Außerhalb der Metropole soll auf einem Areal trockengelegten Meeres sogar eine ganze Großstadt neu entstehen – diesen utopischen Traum jedes fantasievollen Architekten darf sich und den chinesischen Auftraggebern der Hamburger Meinard von Gerken erfüllen. Und mit Albert Speer soll ein weiterer Deutscher Wolfsburg neu erfinden, als VW-Stadt "Anting New Town", ebenfalls bei Shanghai.

Viele der aufgezeigten Projekte stehen bisher nur auf dem Papier, doch das bereits Konkretisierte lässt den Willen der Chinesen zur Umsetzung ahnen, der in deren Weltmachtdenken offenbar keine Grenzen akzeptiert. Layla Dawson präsentiert die teils unglaublichen Ideen mit grandiosen Abbildungen, Modellfotos, Lageplänen und Grundrissen. Fast nichts scheint unmöglich, die Architekturkritikerin belässt es allerdings bei Vorstellung und Beschreibung und enthält sich jeglicher Stellungnahme zum Beispiel zum Sinn mancher Projekte oder der Frage der ethnischen Identität bei so viel fast ausschließlich westlich geprägter Modernität. Fazit: ein Buch zum Staunen für Fachleute und Laien, das fasziniert und zugleich viele Fragen offen lässt.

 

# Layla Dawson: China's New Dawn. An Architectural Transformation (englische Originalfassung); 192 Seiten, 190 Abb., Großformat; Prestel Verlag, München; € 39,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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