GERHARD HENSCHEL: "DER DREIZEHNTE BEATLE"

Da will ein verkrachter deutscher Philosophiestudent von 36 Jahren die Beatles retten und bringt stattdessen die ganze Pop-Geschichte durcheinander. Davon handelt der Roman "Der dreizehnte Beatle", den Gerhard Henschel verfasst hat. Aufhänger ist für den Experten in Sachen Pop-Musik der 60er Jahre jene schicksalhafte Begegnung John Lennons mit Yoko Ono und fanatische Beatles-Fans glauben schließlich bis heute unnachgiebig, dass es die Fab Four noch immer gäbe, hätte sich John nur nicht in die 'japanische Hexe' verliebt.

Besagter Student nun hat seinerseits eine Begegnung der speziellen Art mit Auelia, einer seltsamen Pop-Fee. Die erfüllt ihm den Wunsch nach einem sich selbst stets nachfüllenden Portemonnaie und – mit diesem als Hilfsmittel im November im swinging London aufzuwachen, um die Liaison Lennon/Ono zu verhindern. In der damaligen Weltmetropole des Pop anglisiert er erst einmal seinen deutschen Namen zu Billy Shears (!) und geht unzähligen Leuten mit seinen Warnungen aus der Zukunft vor schicksalhaften Ereignissen auf die Nerven. Und sein wohlgemeinter Eingriff in die Vergangenheit geht krass daneben.

Es gelingt ihm tatsächlich, Lennon von seinem Besuch der Ausstellung abzuhalten, in der er sich sonst umgehend in Yoko vergucken würde. Doch um welchen Preis: es gibt einen Unfall und der Beatle fällt ins Koma. Von wegen Beatles zusammenhalten – nicht einmal "Sgt. Pepper's lonely Hearts Club Band" kommt zustande, denn John hat offenbar ernsthaft etwas am Kopf abbekommen und tritt nach dem Wiedererwachen der Heilsarmee bei.

Auch die übrige Pop-Szenerie der glorreichen 60er gerät durcheinander, fasziniert hier aber mit hoher Authentizität. Vielleicht hätte dieser Billy Shears aus der Zukunft des 21. Jahrhunderts ja wirklich manchen Star vorm vorzeitigen Ableben retten können, wenn er nur nicht so entsetzlich schusselig wäre. So bleibt es bei einem kunterbunten Durcheinander mit sehr namhaften Haupt- und Nebendarstellern, das sich mit einer präzisen Chronik der Beatles-Ära kreuzt.

Manches hätte mehr Frechheit und eine kräftige Prise Chili haben dürfen, anderes entspricht längst vergessenen Skurrilitäten dieser einmaligen Aufbruchzeit. Große Literatur ist das nicht, aber allemal eine witzige Lektüre vor allem für Pop-Nostaligiker, denen die vielen Anglizismen jeber Epoche und vor allem die überall eingestreuten Popsongzeilen eine melancholische innere Glocke anschlagen werden.

 

# Gerhard Henschel: Der dreizehnte Beatle; 206 Seiten; Hoffmann und Campe, Hamburg; € 16,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: Bel 391 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de