KLAUS KELLMANN: "STALIN. EINE BIOGRAPHIE"

Schon vor der Oktoberrevolution unterzeichnete er Schriftstücke mit "Koba Stalin", also der "Unbeugsame aus Stahl", und nach Lenins frühem Tod übernahm der Genosse Stalin, der seine kaukasische Herkunft verleugnete, 1924 endgültig die Macht in der jungen Sowjetunion, um sie bis zu seinem Tod am 5. März 1953 als geradezu pathologisch böser Despot unbarmherzig auszuüben.

Der Historiker Klaus Kellmann legt nun die Biographie "Stalin" vor, die die Entwicklung des kleinwüchsigen georgischen Schustersohnes vom Zögling des orthodoxen Tifliser Priesterseminars bis zum machtbesessenen Diktator schildert, dessen Ära als Stalinismus aufs unrühmlichste in die Geschichte eingegangen ist. An Skrupellosigkeit und Niedertracht konnte ihm selbst ein Hitler nicht das Wasser reichen, um so unfassbarer war für ihn dessen Überfall im Sommer 1941.

Doch bis dahin hatte Stalin in dem von ihm total einverleibten Reich bereits endlose Winkelzüge und Intrigen zu seinen Gunsten entschieden und eine Blutspur von Millionen Opfern hinter sich gelassen, die in der barbarischen Rücksichtlosigkeit dieses offenbar auch privat gefühlskalten Tyrannen ihresgleichen sucht. Den verheerenden Zwangskollektivierungen mit den folgenden Hungerkatastrophen und dem Terror der politischen Säuberungswellen folgte 1937 bis 1941 die Enthauptung der gesamten militärischen Führung, die dem Nazi-Aggressor fast den Sieg über die Sowjetunion ermöglicht hätte.

Ohne die Hilfe des Westens und ohne die großen Fehler seines geistesverwandten Gegenspielers Hitler hätte der militärisch völlig dilettantische Stalin vermutlich kapitulieren müssen. Der Biograph durchleuchtet das weitgehende Versagen des selbst ernannten "Generalissimus", der zugleich einem geradezu babylonischen Personenkult frönte, dem jedoch die gnadenlose politische Bäuernschläue entgegensteht, mit der der Triumphator sich seinen riesigen Teil vom Kuchen der alliierten Sieger einverleibte.

Kellmann schreibt auf der Basis bekannter Fakten, das jedoch nicht nur auf neuestem Stand sondern vor allem so transparent, dass die Einblicke in die Zusammenhänge jener Winkelzüge in den Revolutions- und Bürgerkriegsjahren ebenso klar werden wie das Funktionieren des Stalinschen Machtapparates bis in den Kalten Krieg hinein. Die spannend und zugleich sehr zielorientiert verfasste Biographie erhellt zudem den historischen Rahmen der Zeitgeschichte samt einem Ausblick bis zum Ende der UdSSR und in die jüngste Entwicklung Russlands hinein. Fazit: eine der größten und widerwärtigsten Figuren der Neuzeit erhält ein scharf gezeichnetes Porträt vor dem Hintergrund der von ihr maßgeblich mitgeprägten Epoche.

 

# Klaus Kellmann: Stalin. Eine Biographie; 351 Seiten; Primus Verlag, Darmstadt; € 24,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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