ISABEL ALLENDE: "ZORRO"

Mit dem reißerischen Roman "Der Fluch von Capistrano" setzte Johnston McCulley 1919 der Legende vom maskierten Helden Zorro ein Denkmal als angeblicher Robin Hood von Kalifornien. Schon 1920 machte der Mantel-und-Degen-Film mit Douglas Fairbanks den Rächer der Schwachen und Unterdrückten weltberühmt und bald kommt die soundsovielte Neuauflage mit Antonio Banderas ins Kino. Gibt es also noch Neues zu Zorro zu sagen?

Oh ja, wenn jemand wie die große chilenische Erzählerin Isabel Allende sich seiner annimmt, die seit 1988 selbst in Kalifornien lebt. Eher dem magischen Realismus verbunden als dem Action-Genre, erfindet sie die Jugend des Diego de la Vega, jene etwa 20 Jahre, bevor er zu Maske und Degen griff, um mit Tollkühnheit und einer Portion eitlem Humor seine Einsätze gegen Bösewichter anzugehen. Und der später so schillernde Fuchs (spanisch = Zorro) erhält nicht nur eine ebenso spannende wie authentisch wirkende Vorgeschichte, die bis zu Comic-Heften ausgewrungene Figur erwächst hier zu einem echten Charakter.

Schon die Geschichte seiner Eltern fesselt, wenn der Landedelmann de la Vega die verwegene Schoschonen-Kriegerin Toypurnia nach einem Indianerüberfall vor der Hinrichtung rettet und sie ein Paar werden. Eingebettet in hervorragend aufbereitetes Lokal- und Zeitkolorit im noch spanischen Kalifornien entsteht das Bild einer bewegten Zeit, in der der junge Diego gemeinsam mit seinem "Milchbruder" Bernardo, einem Indianerjungen, eine glückliche Kindheit mit vielen Streichen verlebt. Früh schon zur Verwegenheit neigend, prägen ihn als Jüngling schließlich einige schicksalhaft einschneidende Ereignisse und besonders sein hochsensibler Sinn für Gerechtigkeit wird gereizt.

"Ich schwöre, die Schwachen zu verteidigen und für die Gerechtigkeit zu kämpfen!" So lautet der Schwur Diegos und Bernardos und zu den Auslösern ihres Kampfes gehört die Unterjochung der Indianer durch spanische Großgrundbesitzer. Zuvor jedoch schickt der Vater Diego nach Europa, um bei Meister Escalante in Barcelona den letzten Schliff in der Fechtkunst zu bekommen. Im napoleonisch besetzten Spanien wird Diego nicht nur ein Schwarm der Senoritas – wobei er selbst sich allerdings immer wieder just in die Unerreichbaren verliebt – er gerät auch erstmals mit seinem dauerhaften Erzfeind Moncada aneinander.

Zurück in der Heimat beginnt mit der abenteuerlichen Befreiung seines zu Unrecht eingekerkerten Vaters die eigentliche Legende des Zorro. Isabel Allendes Geschichte endet hier, indem sich der geheimnisvolle Erzähler offenbart, der das Alles so bildhaft und sinnlich und mit manch ironischem Humor geschildert hat. Fazit: mit ihrer vertrauten wunderbar lebendigen Erzählweise hat die wortgewaltige Autorin aus dem Schmökerstoff ein Stück Weltliteratur gemacht.

 

# Isabel Allende: Zorro (aus dem Spanischen von Svenja Becker); 444 Seiten; Suhrkamp Verlag, Frankfurt; 22,80 Euro

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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