H. BREINIG (Hrsg.): "POETISCHER NEW YORK-FÜHRER"

New York und Poesie? Es gibt große New York-Prosa, der Unvoreingenommene erwartet jedoch aus dieser Kapitale des Kapitals, die als hart, schnell und dynamisch gilt, wohl kaum Lyrik. Auch deshalb überrascht und fasziniert der "Poetische New York-Führer", den der AmerikanistikProfessor Helmbrecht Breinig jetzt herausgegeben hat.

Durchweg hat er Lyrik ausgewählt, die diese Stadt der Gegensätzlichkeit und Subkultur, des Verfalls und der unbändigen Lebenskraft selbst zum Thema hat. Nur wenige Texte sind aus Zeiten vor den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, denn manche Schauplätze und Gebäude sind schlicht nicht mehr vorhanden. Ein Ur-Hymnus auf das Zentrum New Yorks aber darf natürlich nicht fehlen – Walt Whitmans "Mannahatta" von 1860, der die Halbinsel als Inbegriff von Schönheit, Offenheit, Freiheit und Demokratie beschreibt.

Eine wahre Ode ist jedoch auch Hart Cranes Gedicht an die einzigartige Brooklyn-Bridge. Wie ohnehin manches nicht eine allgemeine Beobachtung sondern konkrete Ereignisse einfließen lässt. Die spannende Auswahl nimmt den Leser mit auf einen literarischen Rundgang durch die vielfältige, schillernde Vielvölkermetropole, der sowohl Appetit auf mehr Lyrik der Autoren macht wie mindestens ebenso die Reiselust weckt. Mag dieser Führer auch weniger eine Orientierungshilfe sein, so ist er doch eine wunderbare Einstimmung auf New York.