ALEXANDRE DUMAS: "DER SCHLEIER IM MAIN"

Frankfurt im Sommer 1866, Krieg zwischen Preußen und Österreich zieht auf, derweil treibt es den französischen Künstler Benedict Turpin in die blühende Handelsstadt. Selbstbewusst ergreift der junge Mann Partei für die Österreicher und die Verbündeten Frankfurts, dem die Belagerung durch das preußische Militär droht.

Das Besondere an dem sich anbahnenden Schlachtengetümmel und dem Finale mit der Einverleibung der stolzen freien Reichsstadt in Bismarcks Preußen aber ist, dass es sich um einen bisher unbekannten und erst jetzt übersetzten Roman des großen französischen Romanciers Alexandre Dumas (1802-1870) handelt. Mutmaßlich, denn dem Übersetzer Clemens Bachmann hat kein Originaltext für "Der Schleier im Main" vorgelegen, vielmehr hat er auf der Grundlage einer englischen Ausgabe jene Abhandlungen 'übertragen' – Bachmann selbst nennt den Roman eine Nacherzählung! – die Dumas einst unter dem Titel "Die preußische Schreckensherrschaft" als Feuilleton-Schriften verfasste.

Diese Komposition bemerkt man zwar, weil kein direkter roter Faden verfolgt wird, doch ansonsten lädt der Roman mit den Finessen zum Lesevergnügen ein, die man vom Erfinder des "Grafen von Monte Christo" erwartet: das Geschehen um Turpin ist dramatisch, zupackend und voller abenteuerlicher Verstrickungen. Es wird gekämpft, gelitten, aber auch die Liebe findet ihren, wenngleich nicht glücklich endenden Raum. Die Duellszenen sind vom Feinsten, während das Liebesgeflüster ganz der überbordenden Trivialität der Entstehungszeit des Romans Tribut zollt. Ohnehin wird mehr gestorben als geliebt, das jedoch vor realem historischem Hintergrund.