SUSAN MINOT: "WONNE"

Es ist ein ganz und gar ungewöhnlicher kleiner Roman, den die amerikanische Erfolgsautorin Susan Minot mit "Wonne" verfasst hat. Intim in aller Offenheit beginnt und endet er mit einem einzigen Geschlechtsakt, ohne dabei ins Pornografische abzugleiten. Intim ist die Geschichte in höchstem Grade und dennoch von einer spürbaren und unüberwindlichen inneren Distanz geprägt.

Kay und Benjamin waren bereits einmal liiert vor einem Jahr. Nun sind sie sich zufällig beim Verlassen eines Kinos in New York begegnet und liegen alsbald in Kays Wohnung im Bett. Außer dem reinen Akt und einigen wenigen Worten finden alle Geschehnisse aber nur im Denken der Beiden statt, die sich trotz größter Nähe nicht wirklich nahe kommen. Sie erregen einander, doch es ist mehr Sex als Erotik und es ist mehr ein ebenso vages wie unausweichliches Verlangen nach der alten Vertrautheit als tieferes Gefühl.

Widerstrebend sind beider Gedanken in ihren Abschweifungen, der Verweigerung und der anmaßenden Hoffnung. Souverän und zuweilen fast unterkühlt werden Denken und Empfinden dieser Protagonisten beschrieben, die nicht wirklich Liebende sind. Der Autorin gelingen meisterhafte Schilderungen der psychologischen Feinheiten, die die beiden Personen dem Leser fast näher bringen, als sie es miteinander zu sein vermögen.

Die Wonne ist flüchtig und nur die des Einzelnen und ihr Vergehen besiegelt unausgesprochen das Fremdbleiben der Individuen. Susan Minto hat einen auf irritierende Weise klugen Roman über zwei Liebende geschrieben, bei dem die Liebe jedoch abwesend bleibt.

 

# Susan Minot: Wonne (aus dem Amerikanischen von Sabine Hedinger); 124 Seiten; Rowohlt Verlag, Reinbek; € 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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