CIOMA SCHÖNHAUS: "DER PASSFÄLSCHER"

Kein Verleger oder Filmproduzent würde jemals die Geschichte von Cioma Schönhaus als auch nur halbwegs realistisch akzeptieren, wenn dieser Überlebende des Holocaust sie nicht höchst persönlich und mit Beweisen und Zeugenaussagen vorbringen könnte. Was er über seinen Untergrundkampf gegen die Nazis nun selbst erzählt, ist schier unglaublich.

"Der Passfälscher" hat der 1922 geborene Sohn russisch-jüdischer Eltern seinen autobiografischen Bericht überschrieben, denn als solcher hat er die tollsten Kabinettstückchen und Heldentaten vollbracht. Als seine in den 20er Jahren nach Berlin zugewanderten Eltern 1942 ins KZ deportiert werden, entgeht er selbst diesem Schicksal nur durch den glücklichen Umstand, dass er als Arbeiter in einem rüstungswichtigen betrieb noch als 'unabkömmlich' gilt. Natürlich ist das ein sehr vager Schutz und der unverbesserliche Optimist geht doch bald in den Untergrund.

Mitglieder der Bekennenden Kirche verstecken ihn und sie entdecken sein Talent, Stempel zu fälschen. Bald besorgt er sich eine Ösenstanzmaschine und zieht eine regelrechte Fälscherwerkstatt auf. Seine Papiere sind so echt, dass niemand die Fälschungen erkennt. Neben Pässen sind das auch allerlei sonst übliche Papiere, allesamt so überlebenswichtig, dass Ciomas grafische Meisterwerke vermutlich hunderten von Juden das Leben retten konnten.

Der junge gut aussehende Bursche selbst erlebt neben manch haarsträubenden und durchweg lebensgefährlichen Abenteuern auch erste Liebeserfahrungen. Doch bei all seiner Intelligenz und seinem Einfallsreichtum sind es offenbar zwei wesentliche Segnungen, die für sein Überleben entscheidend sind: seine Begabung zur "Chuzpe", wie man im Jiddischen diese Mischung aus cleverer Frechheit und Wagemut nennt, und eine gehörige Portion "Maseltov", jenem unverschämten Glück, das nicht vielen zuteil wird.

Das war es offenbar auch, das ihn rettete, als er ahnungslos einer der gefürchteten "Greiferinnen" der Nazis seine illegale Unterkunft zeigen wollte. Sie, die so manchen Untergetauchten ans Messer lieferte, verriet ausgrechnet ihn aus eher sentimentalen Gründen nicht. Als 1943 dann der Helferkreis aufflog, gelang Cioma trotz allgegenwärtiger Fahndungsplakaten die Flucht. Ausgestattet mit bestens eigenhändig gefälschten Reisedokumenten schafft er es tatsächlich per Fahrrad bis in die Schweiz.

Diese überaus lebendig und spannend erzählte Autobiographie aus schrecklichen Zeiten bewegt, weil sie so authentisch ist. Zugleich sind die filmreifen Schilderungen eine Hommage an jene Helfer, die ohne Not ihr Leben gegen die Nazis riskierten und denen allein in Berlin schätzungsweise 1500 Juden ihr Überleben zu verdanken haben.

 

# Cioma Schönhaus: Der Passfälscher. Die unglaubliche Geschichte eines jungen Grafikers, der im Untergrund gegen die Nazis kämpfte; 235 Seiten, div. Abb.; Scherz Verlag, Frankfurt; € 17,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: Bio 161 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de