HOBSCH/PETZEL: "HEINZ ERHARDT: MOPSFIDEL..."

"Heinz Erhardt: Mopsfidel im Wirtschaftswunderland" – eine schönere Hommage an den gemütlichen Dicken mit der Hornbrille wie mit diesem kiloschweren Textbildband ist kaum denkbar. Vor 25 Jahren starb der 1909 in Riga geborene 'Großmeister des Lachens', so einer seiner Ehrennamen, und die Filmexperten Manfred Hobsch und Michael Petzel widmen sich hingebungsvoll diesem Sprachjongleur, der sich vor allem mit seinen großen Familienkomödien der 50er und 60er Jahre in die Herzen eines Millionenpublikums spielte.

Der Meister der Wortpointe war einst zu faul für die erträumte Pianistenkarriere, so dass er sich stattdessen an humoristischen Liederabenden versuchte. Ab 1938 mit wachsendem Erfolg und dann auch im Lustspieltheater. Seine Filmkarriere aber begann erst mit 46 mit der Hauptrolle des "Müden Theodor". In rund einem DutzendHauptrollen verkörperte er den treudeutschen, spießigen Kleinbürger, dick, linkisch, ein Pantoffelheld und absolut lebensecht 50er Jahre. Es waren Filme wie "Witwer mit fünf Töchtern" oder "Der letzte Fußgänger", die von geradezu fanatischer Gemütlichkeit geprägt waren und entsprechend bei der Kritik durchfielen.

In den Kinos und später auch im Fernsehen dagegen war er ein Publikumsmagnet. Egal, ob als dauergestresster und putzig vertrottelter Familienvater, als Biedermann oder gar in zwei Karl-May-Verfilmungen als Ulkeinlage – das Multi-Talent mit dem schüchternen Schalk im Nacken wurde schließlich von der Jugend in den 80er Jahren sogar posthum zum Kult hochstilisiert. Und kurz vor seinem Tod erhielt der Erfinder der "Sprachpurzelbäume" das Bundesverdienstkreuz für sein Gesamtwerk, das hier nun in seiner ganzen Vielfalt aufgeführt wird.

Neben einer liebevollen Biographie zur Einleitung werden sämtliche Filme eingehend beschrieben und es sind zahlreiche bisher unveröffentlichte Fotos enthalten. Der angefügte chronologische Lebenslauf und eine Filmographie samt Entstehungsgeschichten und Pressereaktionen machen diesen Band zu einem einmaligen Künstlerbuch. Zugleich erlaubt es erstaunliche Rückblicke in jene Zeiten der Adenauer-Ära, in der neben dem dicken Ludwig Erhard dieser ebenfalls rundliche Erhardt wie kein anderer ein Symbol der westdeutschen Nachkriegs-Wirtschaftswunderwelt war.

 

# Manfred Hobsch/Michael Petzel: Heinz Erhardt: Mopsfidel im Wirtschaftswunderland; 520 Seiten, 542 Abb., Großformat; Schwarzkopf & Schwarkopf, Berlin; € 49,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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