HEW STRACHAN: "DER ERSTE WELTKRIEG"

Aus Grundlagen seiner großen dreiteiligen Enzyklopädie sowie einer Fernsehserie zum Ersten Weltkrieg schuf der renommierte britische Militärhistoriker Hew Strachan zur 90. Wiederkehr dieser Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts ein Sachbuch, das mit gutem Grund als kompaktes Standardwerk zum Thema gewertet werden darf. Wohltuend nüchtern und vorurteilsfrei erhellt er den Weg in den Weltkrieg und belegt, warum dieser von Beginn an kein nur europäischer Konflikt war.

Es wird deutlich, dass Serbien zwar der maßgebliche Entzündungsherd in jenem Sommer 1914 war, die Zeitbombe jedoch längst getickt hatte und das auf diversen Ebenen. Und schon am Vorabend des Ausbruchs waren es globale Dimensionen, geprägt unter anderem vom Kolonialbesitz und einer Bündnispolitik voller Provokationen und Fehleinschätzungen. Strachan zeigt die nationalen Intentionen so detailliert auf, dass erkennbar wird, wieso die Zuspitzungen in diesen Konstellationen und mit diesen politischen und militärischen Akteuren in den Krieg münden musste. Zwar weist auch er dem Deutschen Reich die Schlüsselrolle beim Marsch in den Krieg zu, gleichwohl nicht die Alleinschuld.

Ein wesentliches Glanzlicht dieser modernen Geschichte des Ersten Weltkriegs sind die Darlegungen des globalen Ausmaßes von 1914 an, als Japan in Asien eingreift, in den afrikanischen Kolonie gekämpft wird und die deutsch-türkische Waffenbrüderschaft zum Krieg auch zwischen dem Osmanischen Reich und den Briten samt ferner Alliierter bis hin nach Australien und Indien führt. Kein wichtiger Kriegsschauplatz wird ausgelassen und die Ausführungen über wichtige Schlachten zu Lande und zu Wasser, über den Wandel zu Materialschlachten und die immens anwachsende Bedeutung von Technik, Nachschub und Kommunikation weisen den akribisch forschenden Kriegshistoriker aus.

Es gelingt Strachan hervorragend, die gegeneinander kämpfenden Kräfte in ihrer ganzen Komplexität verständlich zu machen. Da überraschen manche erst durch die gründliche Analyse des unüberschaubaren Quellenmaterials erkennbaren Zusammenhänge wie jene weit entwickelten Funkabhörmethoden der britischen Marine, die durch mangelhafte Kommunikation kaum zur Verwertung kamen und so weitgehend wirkungslos blieben. Die größte Überraschung aber bietet im umfangreichen Bildmaterial die Fülle von erstmals gezeigten Farbfotos, die in französischen Archiven gefunden wurden.

Das Alles besticht mit einer auch für den nicht-akademischen Leser gut verständlichen sprachlichen Darlegung der vielfältigen Materie samt der Folgerungen aus dem globalen Ringen, das die Weltordnung radikal änderte und Grundstein für den Zweiten Weltkrieg werden sollte. Bleibt als einziges Manko dieses Meisterwerkes das dürftig geratene Kartenmaterial anzumerken.

 

   

# Louis & Joe Borgenicht: Das Baby. Inbetriebnahme, Wartung und Instandhaltung (aus dem Amerikanischen von Birgit Franz); 208 Seiten, ill.; Sansoussi Verlag, München; € 12,90

WOLFGANG A: NIEMANN (wan/JULIUS)

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