HELMUT RAHN: "MEIN HOBBY: TORE SCHIEßEN"

Mögen Effenberg und andere auch ihre Bücher unters Volk bringen, was haben sie zu berichten verglichen mit einem wirklichen Fußballstar wie Helmut Rahn (1929-2003)?! In seiner großen Zeit in den 50er Jahren kam er gleich nach Fritz Walter und mit seinem legedären Tor zum 3:2 im WM-Finale von 1954 gegen Ungarn wurde er zum unvergesslichen Helden der Nation.

1959 schrieb der Junge aus Esse-Katernberg sein Erinnerungsbuch "Mein Hobby: Tore schießen", da war er gerade 30, hatte zwei Weltmeisterschaften hinter sich und Hoffnungen auf die dritte im Jahr 1962. Wer damals als hilfreicher Ghostwriter fungierte, weil auch Rahns Witwe Gerti nicht mehr, jedenfalls schrieb er etwa so, wie es zu dem Charakterkopf, den alle nur "Boss" nannten, gepasst haben mag: unverstellt, ehrlich und mit dem typischen trockenen Humor des Ruhrpotts.

Dieses wunderbare Buch gibt es nun zur 50. Wiederkehr jener großen Spiele bis zum WM-Titel am 3. Juli 1954 als Reprint samt einer Fülle von Fotos. Aus heutiger Sicht hört sich der Werdegang Rahns geradezu idyllisch an, wenn er da bei Altenessen 12 in Sonntagshablschuhen seine ersten Tore schießt und später als unverzichtbarer Torjäger des SF Katernberg von Rot-Weiß Essen mit einer "Sachspende" losgeeist wird.

Schon in den ersten Profijahren gibt es Lockangebote von Inter Mailand und Real Madrid, doch der Rechtsaußen mit dem Mordsbums bleibt bodenständig. Liebevoll beschreibt er dazu von der der überragenden Bedeutung Fritz Walters, zugleich erfährt man interessante Interna, vor allem aber auch den spannenden Weg der Nationalmannschaft zur WM in der Schweiz. Was Rahn quasi mitten aus der aktiven Karriere schildert, ist eine völlig andere Fußballwelt als die der heutigen umhätschelten Porsche-Fahrer und Wandersöldner. Dass die braven und zugleich strengen Zeiten auch ihre Tücken hatten, bekam gerade der ungebärdige Rechtsaußen jedoch schmerzlich zu spüren: ein kleiner Unfall unter Alkohol samt Rangelei mit einem Polizisten, 14 Tage Knast und schon war der Grundstein für das Vorurteil gelegt, Rahn sei ein Trinker und Lebemann.

Um so verdienstvoller ist da das angehängte Kapitel von Klaus Brinkbäumer, das Rahns weiteres Leben beschreibt, in dem sich der Familienvater immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzog. Dieses Buch ist ein Muss für jeden Fußball-Fan, lässt es "das Wunder von Bern" doch noch einmal authentisch nachempfinden von einem der damaligen Hauptakteure.

 

# Helmut Rahn: Mein Hobby: Tore schießen; 240 Seiten, div. Abb.; DVA, München; € 15,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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