EDDY JOE COTTON: "TRAIN DAYS"

Hobos, das sind jene Streuner, die auf Güterwaggons der amerikanischen Eisenbahnen frei und ungebunden durchs unendlich weite Land fahren. Ihren Ursprung hatten sie unter den herumziehenden Eisenbahn-Bauarbeitern zur Zeit der Erschließung des Westens, während es heute eher Nichtsesshafte sind. Wie Eddy Joe Cotton, der mit 19 Jahren an einem kalten Wintermorgen seinen alten Hippie-Vater in Denver, Colorado, zurückließ, um ins Unbestimmte hinein zu ziehen. Alles war offen, er wusste nur, dass er gute Stiefel hatte.

Zehn Jahre streifte er auf den Zügen durch die Weite und davon erzählt er nun in dem Erinnerungsbuch "Train Days", das auf den Aufzeichnungen seiner 23 Notizbücher beruht. Früh begegnet er dem erfahrenen Hobo 'Alabama', der ihm zum Freund wird. Und zum wichtigen Lehrmeister, denn: "Ich war immer noch ein dreibeiniges Pferd mit einem Stall irgendwo im Herzen der Unsicherheit." Sie fahren durch die grandiosen Landschaften des Südwestens der USA, sie haben manche skurrilen und zuweilen auch gefährliche Erlebnisse, schließlich sind nicht alle Mitfahrer nette, harmlose Gefährten.

Entscheidend jedoch ist der Lockruf der Schienen, wenn die Lok eines Hotshot oder eines Junker – schnelle oder langsamere Güterzüge – zur Abfahrt pfeift. Es ist eine seltsame, spröde Romantik in den Waggons und in den primitiven Camps, die sich die Hobos bis zur nächsten Fahrt bereiten, und manches klingt ausgesprochen kauzig. Cotton, der ein Typ wie Johnny Depp ist und bald den Spitznamen "Blackjack" erhält, möchte unbedingt nach Mexiko, landet zuletzt stattdessen aber in Las Vegas, wo er zu schreiben beginnt.

Lakonisch, direkt, ungeschliffen schildert er die Jahre dieses Railroadmovies ins Herz von Prärie und Rocky Mountains und sein Stil erinnert an den frühen Hemingway, an Jack London oder auch an die urwüchsige Poesie eines Woody Guthrie. Man möchte es "Blackjack" vielleicht nicht unbedingt nachtun und doch fasziniert diese Art des freien Lebens. Zur Qualität des Geschriebenen trägt dann auch der authentische Slang bei, den Cotton in einem Glossar erläutert. Fazit: ein Buch, das sich wohltuend vom Üblichen abhebt und auch deshalb ein wenn auch raues Lesevergnügen ist.

 

 

# Eddy Joe Cotton: Train Days. Auf Güterzügen durch die Weiten Amerikas (aus dem Amerikanischen von Jochen Schwarzer); 316 Seiten; Malik Verlag, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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