ROBERT DALLEK: "JOHN F. KENNEDY"

Er hatte ein unvergleichliches Charisma und er war vielen bereits ein Idol, bevor er am 22. November 1963 mit gerade 46 Jahren in Dallas ermordet wurde: Präsident Kennedy. Daran konnten auch spätere Enthüllungsgeschichten über sexuelle Eskapaden und die Zweifel an seinem Gesundheitszustand in schwersten Krisensituationen wenig ändern. Robert Dallek, Geschichtsprofessor an der Boston University, legt nun mit "John F. Kennedy. Ein unvollendetes Leben" die wohl umfassendste und aufschlussreichste Biographie vor.

Zugute kam dem renommierten Biographen dabei die Erlaubnis der Kennedy-Familie, erstmals Einblick in die lebenslange Krankengeschichte des scheinbar ewig strahlenden jungen Mannes zu nehmen. Geradezu sensationell muten die Darlegungen an, die der Autor da über die schon in der Kindheit einsetzenden dauerhaften schweren Gesundheitsstörungen des Sprößling der berühmtesten katholischen Familie der USA in akribischer Genauigkeit macht. Darmerkrankungen quälen ihn, Prostata-Probleme und die Addison-Krankheit, eine folgenreiche Nierenschwäche, um nur einige zu nennen. Misslungene Operationen und Arznei-Nebenwirkungen schädigen sein Rückgrat und noch vor dem Amtsantritt als Präsident hat er bereits zweimal die Letzte Ölung bekommen.

Schon früh konnte er ohne seinen Medikamentenkoffer mit den Arznei-Cocktails nicht mehr leben und zeitweise benötigte er sogar Krücken. Um so faszinierender hört es sich an, wie er es als junger Mann durch Einflussnahme des Vaters zum Marine-Offizier brachte und hier als Kommandant eines Torpedobootes im Krieg gegen Japan sogar zum Helden wurde. Andererseits grenzt es ans Geniale, wie sein wahrer Zustand als medikamentenabhängiges Wrack so gut vertuscht wurde, dass er gegen Widerstände auch im eigenen Parteilager das Amt des mächtigsten Mannes der Welt erobern konnte.

Aufgezeigt wird, wie dieser JFK mit Ehrgeiz, Talent, Charme und ungewöhnlicher Charakterstärke seinen Weg machte und dabei nach der fundierten Analyse des Historikers Dallek ein überlegter und vorausschauender, ein guter Präsident war. Als solcher handelte er durchaus als 'Kalter Krieger' und innenpolitisch eher konservativ und wirtschaftsliberal. Zu den spannendsten Passagen dieser fesselnden Biographie gehören dabei die minutiös geschilderten Vorgänge zur Zeit des Mauerbaus in Berlin, der frühen Phase des Vietnam-Krieges und vor allem seines Meisterstücks vom Oktober 1962, der Bewältigung der Kuba-Krise.

Zum besonderen Genuss der Lektüre trägt bei, dass der Autor zwar Stellung zur Person bezieht, sich dabei jedoch unangemssener Heldenverehrung enthält und ein ausgewogenes Geamturteil über den Menschen und Politiker bildet. Diese Biographie darf auch deshalb zu Recht als das Standardwerk zu John F. Kennedy angesehen werden, denn die Fülle der Daten, Fakten und Zitate schafft ein nahezu vollständiges Bild einer der größten Gestalten des 20. Jahrhunderts.

 

# Robert Dallek: John F. Kennedy. Ein unvollendetes Leben (aus dem Amerikanischen von Klaus Binder, Bernd Leineweber, Peter Torberg); 760 Seiten, div. Abb.; DVA, München; € 39,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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