JAMES TOBIN: "DIE EROBERUNG DES HIMMELS"

Am 17. Dezember 1903 erfolgte eine der bahnbrechenden Pioniertaten der Menschheitsgeschichte: den Gebrüdern Wilbur und Orville Wright gelang der erste bemannte steuerbare Flug. Im vierten Versuch flog das Fluggerät am Strand von Kitty Hawk im US-Staat North Carolina 255 Meter weit, stolze 59 Sekunden war Pilot Wilbur Wright in der Luft.

Wie es vor nun 100 Jahren zu diesem von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen und von den Konkurrenten heftig angezweifelten Ereignis kam, schildert der renommierte Sachbuchautor James Tobin in dem hervorragend recherchierten Buch "Die Eroberung des Himmels. Die Gebrüder Wright und die Anfänge der Fliegerei." Als ihr Doppeldecker mit dem 62 PS starken Vierzylindermotor und einem Gesamtgewicht von 275 kg an jenem denkwürdigen Tag erstmals erfolgreich abhob, war erst Tage zuvor der Versuch des Wissenschaftlers Samuel Langley und seines Assistenten Charles Manley gescheitert, ihnen mit dem unbemannten 'Aerodrome' zuvorzukommen.

Wie dieser hatten die Gebrüder bereits jahrelang experimentiert, vor allem mit Gleitflügen, vielerlei Antrieben und den so wichtigen Steuerungsmechanismen. Den Gesamtaufwand bezifferten die Söhne eines protestantischen Bischofs einer kleiner Glaubensgemeinschaft auf rund 1000 Dollar. Wilbur war mehr der Theoretiker und Orville der gewiefte Bastler und Tüftler. Für ihre Versuche bauten sie sich sogar schon einen Windkanal, um die Probleme von Auftrieb und Flügelformen zu erforschen. Gleich nach ihrem ersten Flug gab es auch Neid und Zweifel der Rivalen um den Ruhm als Pioniere und so arbeiteten sie quasi unter bewusstem Ausschluss der Öffentlichkeit in der Huffman-Prärie in Ohio weiter.

1905 gelangen bereits Flüge über 40 Kilometer und es gab auch Weitsichtige, die den möglichen militärischen Nutzen erkannten. Die Beiden aber sehen sich als Forscher, Wissenschaftler und Ingenieure und wollen nicht zu Unternehmern werden. Doch ihre Heimlichtuerei sorgt auch für Skepsis und Häme und kaum einer glaubt an ihre angeblichen Erfolge, ohne sie jedoch selbst nur annähernd zu erreichen. Wie die Konkurrenten daheim und in Europa alles versuchen, um selbst den Lorbeer zu erringen, ist ähnlich spannend wie die Pionierarbeit der Gebrüder. Ihr Triumph kommt erst endgültig 1908 mit spektakulären Flugvorführungen in den USA und Frankreich.

Das Buch widmet sich neben der Geschichte der Flugpioniere fast ebenso den parallel laufenden Versuchen und Entwicklungen und gibt damit einen eindrucksvollen Überblick über das gesamte Thema des ersten motorisierten, steuerbaren Fluges. Das ist lebensnah erzählt und gewinnt zusätzlich durch die große Zahl alter Fotos. Fazit: fesselnd wie ein Roman und das nicht nur für technisch Interessierte.

 

# James Tobin: Die Eroberung des Himmels. Die Gebrüder Wright und die Anfänge der Fliegerei (aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel); 559 Seiten, div. Abb.; Droemer Verlag, München; € 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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