KATHRIN GROß-STRIFFLER: "DIE HÜTTE"

Kathrin Groß-Striffler wurde für ihren neuen Roman "Die Hütte" mit dem von Günter Grass gestifteten Alfred-Döblin-Preis 2003 ausgezeichnet und wer dieses intensive Psycho-Drama liest, spürt bald die suggestive Erzählkraft der Autorin. Als Ich-Erzählerin Joanne schildert sie die schwierige Flucht einer Studentin aus Angst und innerer Erstarrung.

Als deutsche Stipendiatin ist sie nach Chicago gekommen und findet im Kommilitonen Jim scheinbar den großen Halt, den die unsichere Halbwaise braucht. Doch die schnell geschlossene Ehe beruht auf einer Abmachung, die ihre längst vorhandenen Ängste nun sogar zur Paranoia steigern sollen: "Ich hatte mir seinen Schutz erworben und er sich die Freiheit, mit mir zu tun, was ihm beliebte." Jim aber ist selbst durch eine von Gewalt bestimmte Kindheit gestört und regiert über sie mit Furchteinflößung und liebloser Grobheit.

Der Roman setzt mit Joannes Flucht ein, die sie in die Abgeschiedenheit der Blue Ridge Mountains zur Ranch der alten Mrs Burke führt. Sie bezieht eine primitive Hütte und fühlt sich in Sicherheit. Tags genießt sie die harte Arbeit mit den Tieren und ist ebenso wortkarg wie die Alte. Nachts jedoch kommen die gewohnten Träume und es sind auch solche der Kindheit und Jugend, die sie quälen. Die Ängste sitzen tief und weder der von ihr 'adoptierte' Hund Monti noch die Freuden der rauen Idylle scheinen zu helfen, denn: "Ich sagte mir, nur Schlangen häuten sich, Menschen nicht."

Und immer ist da die Furcht, irgendwann könnte Jims alter Toyota auftauchen. Als es passiert, entdeckt er sie jedoch nicht, stattdessen beginnt sie, ihn zu verfolgen. Angst, Verdrängung und plötzliche Auflehnung werfen sie immer wieder aus der Bahn bis hin zu rabiaten Wutausbrüchen, denen Apathie und Resignation folgen und selbst die natürlichen Geräusche der Nacht vermögen sie immer wieder in Panik zu versetzen. Joannes allgegenwärtige Angst wird dabei nicht einfach beschrieben, sie erzählt sie, dass es den Leser beklommen macht.

Wie die junge Frau sich dennoch allmählich wandelt, das ist meisterhaft geschildert und fesselt mit seiner großen Dichte bis zur letzten Zeile. Zu großartigen Naturbeschreibungen gesellt sich da eine souveräne Sprachgewalt, die dieses tief berührende Buch zu einem anspruchsvollen Lesevergnügen macht.

 

# Kathrin Groß-Striffler: Die Hütte; 150 Seiten; Aufbau-Verlag, Berlin; € 15,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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