MARIA ROSA MENOCAL: "DIE PALME IM WESTEN"

Muslime, Juden und Christen gemeinsam in einer Blütezeit von Toleranz und Kultur? Ja, es gab eine solche Zeit und sie währte vom Entstehen bis zum Niedergang stolze 700 Jahre: es war jenes Reich der Omaijaden in Andalusien, das in Cordoba um 786 entstand und 1492 in Granada endgültig unterging. Die Sprachwissenschaftlerin Maria Rosa Menocal reißt diese Epoche mit ihrem hervorragend recherchierten Buch "Die Palme im Westen" aus der Vergessenheit.

Die Muslime herrschten damals in al-Andalus und Juden wie Christen genossen volle Religionsfreiheit und auch ansonsten wurde anerkannt, dass Vielfalt und Ungleichartigkeit bei der Formung von Individuen und Kulturen eine Bereicherung darstellen und außerordentlich produktiv sein können. Andalusien habe zu seinen guten Zeiten als "Zierde der Welt" gegolten und war der Gegenbeweis für die These vom angeblich finsteren und barbarischen Mittelalter. Der andalusische Ethos beruhte nicht zuletzt darauf, dass die drei Religionen auf heiligen Schriften begründet und ihre Anhänger somit "Völker des Buches" sind.

Die Autorin führt nach einer kurzen Geschichte Andalusiens aus, wie der Omaijadenprinz Abd ar-Rahman Mitte des 8. Jahrhunderts Cordoba zur Hauptstadt des Reiches machte und er ließ auch die titelgebenden Palmen aus seiner syrischen Heimat anpflanzen. Schon dieser Fürst ebnete den Weg für die vielen ästhetischen Triumphe in Kunst und Architektur, die heute noch von den glorreichen Zeiten zeugen. Der Islam war seinerzeit eine Gelehrtenkultur und die Bibliothek des Kalifen in Cordoba umfasste sagenhafte 400.000 Bände.

Aber auch Christen und Juden properierten wirtschaftlich und kulturell und obwohl das Arabische das beherrschende Bindeglied war, erlebte auch das Hebräische eine Wiedergeburt als weltliche Sprache und aus dem regionalen Latein entwickelte sich das Kastilische als neue iberische Volkssprache. Erst von außen wurden dann der christliche Kreuzzugseifer und der muslimische Fanatismus hereingetragen und das Ende brachte mit der "Reconquista" Spaniens durch die Christen auch die gänzliche Vertreibung sowohl der Muslime wie der Juden mit sich.

Die Autorin entfaltet ein ebenso fundiertes wie faszinierendes Bild dieser beispiellosen Epoche, da Orient und Okzident einander auf das Beste befruchteten. Zugleich erhellt das Buch, wie wenig die gegenwärtigen islamischen Staaten noch etwas gemein haben mit jenem muslimischen Andalusien. Und es ist auf hohem Niveau ein überzeugendes Plädoyer für die Tugend der Toleranz zwischen den Weltreligionen.

 

# Christa Geissler & Monika Held: Generation Plus. Von der Lüge, dass Altwerden Spaß macht; 320 Seiten; Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin; € 12,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: SB 130 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de