ROSS KING: "MICHELANGELO"

Michelangelo Buonarrotti war eines der größten Genies der Renaissance, sein wohl berühmtestes Werk, die Freskenmalerei in der Sixtinischen Kapelle in Rom aber entsprang nicht seiner Idee sondern einer Auseinandersetzung zwischen ihm und dem despotischen Papst Julius II. Eigentlich hatte der Bildhauer ein monumentales Grabmal für diesen maßlosen Berserker auf dem Stuhle Petri schaffen sollen, stattdessen flüchtete der Künstler 1506, um dem Jähzorn des Kirchenfürsten zu entgehen.

Der ebenso gefürchtete wie geniale Julius hatte plötzlich beschlossen, dass ein neuer Petersdom den baufälligen alten ersetzen müsse. Da ließ er den aus Florenz geholten Michelangelo auf Rechnungen für Tonnen wertvollen Marmors sitzen, worauf der ihm die Gefolgschaft aufkündigte. Dreimal ließ der eigenbrötlerische Einzelgänger den Papst abblitzen, bis er sich doch mit einem fürstlichen Entgelt wieder nach Rom locken ließ.

Nun jedoch gab es erneut Streit, denn der ausgewiesene Bildhauer sollte statt des urspürnglichen Vorhabens jetzt das eben restaurierte Deckengewölbe der 30 Jahre zuvor von Papst Sixtus IV gebauten Kapelle der Päpste mit Fresken ausmalen. Michelangelo vermutete hinter diesem tückischen Auftrag Rankünen des großen Dombaumeisters Bramante, denn Deckenfresken sind eine absolute Herausforderung an das malerische und handwerkliche Können, weil auf frischem, noch nassem Putz ("fresco" = frisch) gemalt wird. Diese Kunst hatte Michelangelo zwar als Junge beim berühmten Freskenmaler Ghirlandaio gelernt, aber nie wieder ausgeübt.

Unter dem Titel "Michelangelo und die Fresken des Papstes" erzählt Ross King die faszinierende Geschichte um all die Intrigen zwischen den großen Künstlern jener grandiosen Epoche, in der der Kriegerpapst Julius die Heilige Stadt zu neuer Blüte führte. Und dank exzellenter Recherche und ebensolcher Erzählkunst wird dieses Sachbuch zu einem romanhaft farbigen und spannenden Literaturereignis. Wie der störrische, stets ungewaschene Künstler in gut vier Jahren die einzigartigen Fresken schuf, welch beispiellose Leistungen aber auch Julius II. erbrachte – selbst sehr kenntnisreiche Leser werden ihre helle Freude an den aufschlussreichen Beschreibungen, der Behebung mancher Irrtümer und dem hervorragenden Zeit- und Lokalkolorit haben, das der kanadische Kunsthistoriker hier ausbreitet.

 

# Ross King: Michelangelo und die Fresken des Papstes (aus dem Englischen von Michael Müller); 413 Seiten, div. Abb.; Albrecht Knaus Verlag, München; € 24,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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