WALTER MOERS: "RUMO & DIE WUNDER IM DUNKELN"

Ein Buch wie dieses gab es bestimmt noch nicht: "Rumo & Die Wunder im Dunkeln" ist der neue Roman von Walter Moers. Als hätten sich Tolkien, Karl May und Shakespeare zur Fantasy-Party mit dem Käpt'n-Blaubär-Erfinder auf einen LSD-Trip begeben, so absolut spinnert ist dieser Abenteuerroman der oberschrägen Sorte.

Rumo, das ist der Wolpertinger, der bei Blaubärs 13einhalb Leben noch eine kleine Rolle als Leibwächter bei der Haimfischmade Volzotan Smeik spielte. Jener ist hier sein Lehrmeister, Rumo selbst aber entwickelt sich zum größten Helden Zamoniens. Sein todesverachtender Mut wird dabei genährt von der Liebe zur schönen Wolpertingerin Rala und sein Schwert "Löwenzahn" ist ebenfalls hilfreich. Meist, wenn es nicht gerade wieder Unsinn erzählt.

Buch 1 erzählt die frühen Tage Rumos in der "Obenwelt", in der er von blutgierigen Zyklopen in deren Speisekammer als Lebendfutter gefangen gehalten wird. Es gelingt die heldenhafte Befreiung und in Wolperting verliebt er sich in Rala. Dort auf dem Jahrmarkt erlebt er weitere Karussellfahrten der Verrücktheit in einem gar lieblichen Universum voller verschrobener Gestalten wie den blutschinkischen Schiffschaukelschubsern und Prof. Dr. Abdul Nachtigaller mit den sieben Gehirnen und dem zamonischen Schubladenorakel.

Abstrus, skurril, schrill? Ach wo, denn in Buch 2 geht es erst richtig los, weil Rala wie einst Euridyke in die finstere "Untenwelt" entführt worden ist und da unten findet Rumo dann das echt abartigste Panoptikum von Fantasiegestalten der lebensgefährlichen Art. Es ist eine ziemlich nordisch-germanische Unterwelt mit Hel, Midgard und Yggdra Sil, in der genüssliches Foltern zu den beliebtesten Vergnügungen gehört. Bei den Spielchen des Generals Ticktack würden selbst Inquisitionsschergen neidisch und was im "Theater der Schönen Tode" des irren Königs Gaunab abgeht, fiele im Kino wahrscheinlich unter den Index.

Die netten Irrsinnsgesatlten, die in den vielen Illustrationen mal witzig, meist aber eher schreckenskomisch wie von einem modernen Hieronymus Bosch erscheinen, bevorzugen lebendige Opfer als Nahrung und haben solch verheißungsvolle Gattungsnamen wie Nurnen, Teufelszyklopen und Vrahoks. Das ist wahrhaft blutrünstig und morbide und steigert sich spannungsgeladen zu einem grandiosen Wahnsinnsfinale.

Fazit: Walter Moers im Olymp der intelligenten Fantasy und das in epischer Breite, zugleich aber auch noch abslout unesoterisch, ziemlich unmoralisch und barbarisch komisch. Kleine Warnung: dieser Roman ist zuweilen etwas unappetitlich und ganz gewiss nichts für Zartbesaitete – eben Kult der speziellen Art. Wer's nicht verabscheut, wird's vermutlich spitze finden....

 

# Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln; 698 Seiten, durchgehend ill.; Piper Verlag, München; € 26,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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