ERIKA PLUHAR: "DIE WAHL"

Als Schauspielerin, Sängerin und Schriftstellerin war Erika Pluhar stets nicht nur gut, sondern man durfte immer auch Ungewöhnliches von ihr erwarten. Und da enttäuscht sie auch mit ihrem jüngsten Buch nicht. "Die Wahl" heißt es und erzählt überwiegend in wörtlichen und schriftlichen Dialogen zwischen Charlotte und ihrer Tochter Klara die Geschichte einer reifen Frau, die für das höchste Staatsamt kandidieren soll und eine späte Liebe erlebt.

Ehemals Schauspielerin, hoch geachtet und nun um die 60, bittet die Regierungspartei Charlotte, für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten in die Wahl zu gehen. Klara, an den Rollstuhl gefesselt, ist ihre engste Vertraute und sie spricht sich dafür aus. Die engagierte Charlotte aber bedingt sich von der Partei eine geradezu sensationelle Freiheit für ihre Zusage aus: "Dass ich stets bei meiner eigenen Meinung und Überzeugung bleiben müsste."

So etwas schafft alsbald nicht nur Gegner sondern echte Feinde im Geflecht von Macht und Filz. Wer dazu die radikaldemokratische Haltung der Autorin kennt, kann sich unschwer vorstellen, wo hier der Feind steht. Der Druck auf Charlotte wird brutal bis hin zu beängstigend ernsthaften Drohungen gegenüber Klara. Doch ebenso ungewöhnlich wie die tiefe freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden Frauen entwickelt sich nebenher eine neue Liebe für die Kandidatin – zu keinem Geringeren als dem Bundeskanzler persönlich! Was schließlich zum Eklat führt, als sie in flagranti erwischt und dann erpresst werden.

Ein sensibler Roman, der bei all der Politik dennoch die Liebe in den Mittelpunkt zu stellen versteht. Erzählt wird er langsam, abwägend und durchgehend souverän. Für eine subtile Spannung sorgt dabei schon der meisterhaft beherrschte dramaturgische Trick, Charlotte und Klara überwiegend als Ich-Erzähler im Dialog agieren zu lassen. Mag das Mutter-Tochter-Verhältnis vielleicht auch etwas zu schön sein, um noch vorstellbar zu wirken, so ist die Geschichte gleichwohl ausgesprochen real und ein Lesevergnügen mit Niveau.

 

 

# Erika Pluhar: Die Wahl; 254 Seiten; Hoffmann und Campe, Hamburg; € 18,90 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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