KATJA DOUBEK: "BLUE JEANS"

Neumodischer Ami-Kram, diese verdammten Nietenhosen – wie mancher junge Mensch musste sich solch Geschimpfe in den 50er Jahren anhören, wenn er Blue Jeans trug. Womöglich sogar enganliegend gemacht durch ein Wasserbad des Beinkleids am Körper. Aber: die damals so schimpften, lagen völlig daneben in ihrer Unwissenheit, denn die Jeans waren da weit älter als manche ach so seriöse Gabardine- oder Flanellhose und selbst das körpernahe Einweichen war nicht neu.

Was es wirklich mit dem längst zum Kult gewordenen Kleidungsstück auf sich hat, beschreibt nun Katja Doubek in ihrem romanhaft spannenden Lebensbericht "Blue Jeans – Levi Strauss und die Geschichte einer Legende". 1829 als Löb Strauss im fränkischen Buttenheim als spätes Kind eines jüdischen Hausierers geboren, wanderte er 1847 nach Amerika aus. Sein Motiv: er wollte reich werden, um die geliebte christliche Gutsherrentochter Pauline heiraten zu können. Bei der Ankunft in New York wurde er behördlich in Levi umgetauft und dort begann er mit seinen Brüder als Hausierer.

1848 brach in Kalifornien das Goldfieber aus und Levi fuhr 1850 nach San Francisco, allerdings nicht als Glücksritter, sondern um durch Fleiß und ehrliche Arbeit Geld zu machen, indem er den Goldgräbern alles nötige an Waren verkaufte. Tatsächlich kam er durch viel Geschäftssinn zu einigem Wohlstand. 1855 aber kam es dann zu der alles entscheidenden Begegnung mit vier rauen Gesellen, die sauer waren über den von ihm gekauften Zeltstoff aus Segeltuch, weil der nicht wasserdicht war. Von Colts bedroht, versprach er ihnen, strapazierfähige Arbeitshosen aus dem Stoff zu fertigen – die Geburtsstunde der Jeans.

Zumindest teilweise, denn noch waren sie nicht blau und hatten auch noch nicht die charakteristischen Nieten. Es ist lebensnah und detailliert geschildert, wie der Hungerleider Jacob Davis den genialen Zusatz erfand und wie ab 1872 endgültig die klassische Blue Jeans ihren Siegeszug antrat. Wobei schon damals manche Käufer das "Shrink to fit" durch einen Sprung in die Pferdetränke vollzogen...

"Blue Jeans" ist zugleich die gut recherchierte Geschichte einer typischen amerikanischen Karriere vom eingewanderten Habenichts zum Millionär. Störend ist lediglich der zuweilen etwas rührselige Duktus, wenn es um das Privatleben des Jeans-Erfinders geht, das die Autorin ohnehin nur 'nachempfinden' konnte. Die geliebte Pauline hat Strauss übrigens nie wiedergesehen, aber auch so bot sein Leben reichlich Stoff für einen spannenden Tatsachenroman.

 

# Katja Doubek: Blue Jeans; 361 Seiten, div. Abb.; Piper Verlag, München; € 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

 

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