STEPHAN REIMERTZ: "MAX BECKMANN"

Als Max Beckmanns "Selbstbildnis mit Horn" im Mai 2001 bei Sotheby's in New York für 22,6 Millionen Dollar versteigert wurde, stieg der große deutsche Maler des 20. Jahrhunderts endgültig in die Berühmtheitsklasse der Picassos und van Goghs auf, 50 Jahre nach seinem Tod hier auf dem Broadway. Nun legt der Kunsthistoriker Stephan Reimertz die erste große Biographie dieses Künstlers vor.

"Max Beckmann" ist sie schlicht überschrieben und sie hat alle Ingredienzen zu einem Standardwerk über diesen faszinierenden Maler, der stets ein Einzelgänger war und sich auch nicht von Expressionismus oder gegenstandsloser Malerei vereinnahmen ließ. Der Autor erweist sich als Beckmann-Experte und versteht es, aus den intensiv recherchierten Daten und Fakten ein lebendiges, fesselndes Bild des Menschen und des Künstlers zu zeichnen. Da erfährt man die genauen Umstände seiner nicht sonderlich glücklichen Kindheit und wie er früh die Schulkarriere abbrach, um dann als Student an der Kunstakademie Weimar zu glänzen. Schon 1899 mit gerade 15 fertigte er das erste von später rund 40 Selbstporträts, mit denen er quasi eine Art lebenslanger Selbstanalyse betrieb.

Beckmann absolvierte in Paris ein 'Pflichtjahr' mit wenig Kontakten, wie er auch sonst keine Idole oder große Vorbilder hatte, denen er nachstrebte. Gleichwohl gelang ihm bereits 1905 mit "Junge Männer am Meer" ein erster Erfolg. Er ist ein früher Meister, begreift sich jedoch nicht als künstlerischer Bohemiens sondern eher als 'Beethoven plus Dampfmaschine' – und hinterlässt schließlich ein monumentales Werk von 850 Gemälden, 3000 Zeichnungen, 1000 graphischen Blättern und acht Skulpturen. Prägend für den Menschen und Künstler Beckmann aber waren die Jahre des Ersten Weltkriegs, die er als Sanitäter verbrachte. Seine beeindruckenden Kriegsbriefe wurden sogar als Buch veröffentlicht und später sagt man über den Schulversager sogar, er schreibe besser als die meisten Schriftsteller.

Nach dem Krieg dann sein Aufstieg in den 20er Jahren bis zur Berühmtheit, deren Bilder bis zu 10.000 RM erzielen. Er genießt das Leben, die leidenschaftliche zweite Ehe, er wird Lehrer an der Kunstgewerbeschule Frankfurt und er erhebt den Anspruch, "ein König des tragikomischen Lebens zu sein". Um so bitterer trifft den Schaffenswütigen die Verfemung durch die Nazis. 1937 weicht er nach Holland aus und durchleidet 'die Melancholie des Exils'. Hier entsteht 1938 auch das trotzige "Selbstbildnis mit Horn, wie Beckmann ohenhin zu einem eigenartigen, tief verborgenen Humor neigte als Kehrseite seines ansonsten düsteren Weltbildes. Die Anerkennung, die er nach der Befreiung vor allem in Amerika erfuhr, konnte er nicht mehr so recht genießen. Sein Einfluss als Dozent auf die junge Generation amerikanischer Maler allerdings wirkte wie eine Zeitbombe.

Reimertz schafft mit dieser Biographie das überzeugende Porträt einer großen Künstlerpersönlichkeit, die auch komplizierte Zusammenhänge und Entwicklungen verständlich macht. Vermisst werden zwar Abbildungen von Kunstwerken, dennoch ist das Buch ein Muss für jeden Kunstfreund und für Beckmann-Verehrer sowieso.

 

 

# Stephan Reimertz: Max Beckmann; 480 Seiten, div. Abb.; Luchterhand Literaturverlag, München; € 28

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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