ANDREAS URS SOMMER: "DIE KUNST, SELBER ZU DENKEN"

"Die Kunst, selber zu denken" ist das Buch von Andreas Urs Sommer betitelt und der angehende Professor nennt es einen "philosophischen Dictionnaire". Es sei ein Versuch, die Welt in Stichworte zu zerlegen, ein typisch philosophisches Unterfangen, weil – unnütz! Und schon vor der eigentlichen Eröffnung kommt quasi der Beipackzettel mit der Warnung des Autors: "Der Verfasser hat gerade beschlossen, überhaupt jede Verantwortung für das vorliegende Buch von sich zu weisen."

Was also ist dieses von "Anna" (nur ein Frauenfoto) bis "Zynismus" reichende Konvolut des 30-jährigen Schweizers? Ein Nachschlagewerk auch, vor allem aber eine schwerintelligente Leselektüre, die sich auch solch aktueller Themen wie "Banken, Schweizer" oder "Geil, megageil" widmet. Sommer nimmt die Fragilität der Wissensbestände und die aufklärerische Tradition des Dictionnaires durchaus ernst und manches ist dann auch von hochmögender Intellektualität.

Gleichwohl lässt er auch mit allerhand souveräner Chuzpe respektlose Satire durchblitzen. Da labt sich der Leser an süffisanten Definitionen wie zur Scheinheiligkeit, zur Rache oder zum Sex und "Masochismus" findet endlich seine finale Bedeutung: als für Akademiker konstitutives Charaktermerkmal. Vor allem aber will der Autor Mut machen, sich des eigenen Verstandes zu bedienen und die Definition für den Begriff "Denken" offenbart es: "Schmerz allein macht's möglich. Deswegen aber noch nicht wahrscheinlich. Trotzdem liegt es nahe, die Abwesenheit von Denken mit der Abwesenheit von Schmerz in Verbindung zu bringen."

Die wunderbaren Geistreicheleien des Herrn Philosophen Sommer kann man jedenfalls am besten mit intensivem spielerischen Denken genießen. Und zwar ziemlich wahrscheinlich schmerzfrei.

 

# Andreas Urs Sommer: Die Kunst, selber zu denken; 295 Seiten, div. Abb.; im Halbschuber; Eichborn – Die Andere Bibliothek, Frankfurt; € 27,50

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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