ADOLF HOLL: "BRIEF AN DIE GOTTLOSEN FRAUEN"

"Wenn Frauen darauf kommen, dass sie ohne Gott ganz gut leben können, dann fallen den Engeln die Flügel ab und den Teufeln die Hörner. Dann stehen Moses, Jesus und Mohammed als betrogene Betrüger da." Heidnische Sätze? Ihr Schreiber heißt Adolf Holl, ein Erfolgsautor, der bis zu seiner Suspendierung 1976 katholischer Priester in Wien war. Er will den Frauen gegen die von extremistischen Männern als Mittel zu Gewalt- und Machtausübung gestifteten Religionen Mut machen.

"Brief an die gottlosen Frauen" nennt er sein polemisches Traktat und er setzt darin seine Hoffnung für die Welt von morgen auf weibliche Skepsis, weibliche Radikalität und weibliches Lachen. Angeschrieben hat er drei Freundinnen, die als Beispiele für seine Thesen stehen, dass einerseits Frauen nicht wie Männer eine große Leere beim Verlust des Glaubens empfinden und dass andererseits die weibliche Gottlosigkeit eine geistige Kraft sei, über die Männer einfach nicht verfügen. Diese Kraft gewinnen Frauen spätestens dann, wenn sie die Bevormundung durch überirdische Väter und Mütter von sich weisen.

Mit glänzender Beweisführung verbunden mit einem grandiosen Parforce-Ritt durch 5000 Jahre Religionsgeschichte belegt der Autor, dass die Gotterfindungen schon immer eine reine Männerdomäne waren und als Weltreligion des Blutvergießens in höherem Auftrag eine unrühmliche Vergangenheit haben. Wobei jedoch auch die aktuell zunehmende Zahl an patriarchalischen, frauenverachtenden und gewaltbereiten Fundamentalisten-Gruppierungen den inzwischen vermeintlich verbesserten Frauenrechten hohn zu sprechen scheinen. Holl setzt dem entgegen, wie die Frauen sich eher unspektakulär und subtil von der Religion abkehren, nachdem sie schon seit jeher ein anderes Erleben allen Religiösen hatten.

Und er führt mit reiner Logik den Beweis, dass Demut als Lebenseinstellung fremd, unnatürlich und feige sei und aktiv lebende Menschen deshalb auch nicht auf Fügungen und Erledigungen 'von oben' warten mögen. Ohnehin schreibt er mit ebenso fein gesponnener Satire über die "Herren der Religionen" wie er auch hellsichtig und spürbar nur dem Gebot von Wahrheit und Vernunft verpflichtet darlegt, warum die Gottlosigkeit der Frauen als Zukunftsvision der Hoffnung wahrhaft wünschenswert ist. Dieser "Brief an die gottlosen Frauen" ist ein Labsal für aufgeklärte Geister und ein ausgesprochen niveauvolles Lesevergnügen, sofern man frei von rom- oder mekka-zentrierter Unterwürfigkeit ist. Oder eben eine Frau....

   

 

# Adolf Holl: Brief an die gottlosen Frauen; 207 Seiten; Paul Zsolnay Verlag, Wien; € 17,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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