GOFFREDO PARISE: "DER GERUCH DES BLUTES"

Goffredo Parise (1929-1986) war einer der großen Intellektuellen der italienischen Literatur. Einen seiner Romane aber hatte er nach der Niederschrift versiegelt, damit er nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollte: "Der Geruch des Blutes". Erst jetzt wurde diese Geschichte einer selbstzerstörerischen sexuellen Obsession herausgebracht.

Der Ich-Erzähler Filippo breitet die Geschichte seiner Ehe mit der gleichaltrigen schönen Silvia aus. 20 Jahre sind die Beiden, die aus dem Großbürgertum stammen, miteinander verheiratet und ihre Liebe ist mittlerweile eher platonisch geworden. Seelenarzt Filippo hat allerdings regelmäßig Seitensprünge und hält sich zudem eine Dauergeliebte, die halb so alt ist. Dass seine Silvia wenig Sex braucht und er sie mit stiller Zuneigung und gleichzeitiger 'Schonung' bedenkt, hält er für normal bei einer Frau von 50.

Das ändert sich jedoch, als sie sich in einen jungen und ganz und gar nicht adäquaten Mann verliebt und es nicht bei dieser einen Liebschaft bleibt. Filippo beharrt nicht auf ehelichen Exklusivrechten, lässt sich jedoch von Silvia genauestens berichten, was sie mit ihren Galanen, zumeist attraktiven Rumtreibern, so alles treibt. Ihn versetzt das in ungeahnte Gefühlsaufschwünge und sein geradezu masochistisches Ergötzen an ihren naiv offenen Schilderungen treibt die beiden wiederholt in kurze aber exstatische Wiederauffrischungen gemeinsamer körperlicher Leidenschaftlichkeit.

Zunehmend aber werden ihre Affären auf die jeweilige Weise zur Obsession und innerlich bringt sie dieses Katz-und-Maus-Spiel immer weiter auseinander. Schließlich erliegt Silvia vollends der Faszination des Wilden, des Primitiven, ja dem Geruch des Blutes, was unentrinnbar zur Tragödie führen muss. Ein heikles Thema, doch die sprachliche Meisterschaft Parises verhindert ein Abgleiten ins Vulgäre, ins Pornographische. Stattdessen wird die Geschichte in zwingender düsterer Schönheit erzählt und selten hat man Eifersucht eleganter und treffender beschrieben bekommen.

 

# Goffredo Parise: Der Geruch des Blutes (aus dem Italienischen von Monika Lustig und Viktoria von Schirach); 276 Seiten; Piper Verlag, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: Bel 193- © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de