HENNING MANKELL: "DIE RÜCKKEHR DES TANZLEHRERS"

Henning Mankell ohne Kommissar Wallander? Ja, und trotzdem mindestens ebenso aufregend, denn diesmal führt er den Leser mit dem jungen Kommissar Stefan Lindman hinauf ins menschenarme, von tiefen, einsamen Wäldern geprägte Norrland. Und zu einem Mordfall, der in beklemmend reale nationalsozialistische Verstrickungen im gegenwärtigen Schweden reicht.

"Die Rückkehr des Tanzlehrers" heißt der düstere Fall, in den Lindman schicksalhaft schliddert, obwohl er gar nicht zuständig ist. Der 37-Jährige ist schockiert zu erfahren, dass er Zungenkrebs hat. Am selben Tag hört er von der bestialischen Ermordung seines früheren Kollegen Herbert Molin, der sich nach der Penisonierung in ein abgelegenes Haus in Härjedalen zurückgezogen hatte. Krankgeschrieben hält es den deprimierten Lindman nicht zu Hause und er fährt zum Tatort. Die örtlichen Ermittler sind zwar nicht erbaut von der Einmischung, doch offenbar ist Lindman die bessere Spürnase.

Früh weiß der Leser durch den harten Einstieg, der mit seiner nüchternen Kälte frösteln lässt, dass hier ein Mörder mit Wut und exakt planender Rachsucht vorgegangen ist und den tanzbegeisterten Molin zu einem letzten blutigen Tango aufgefordert hat. Lindman hatte geahnt, dass Molin seit vielen Jahren unter Angstzuständen gelitten hat, dass er jedoch zu jenen fanatischen Hitler-Anhängern gehört hatte, die für die Nazis sogar als SS-Männer in den Krieg zogen, eröffnet sich ihm erst allmählich. Und es dämmert ihm, dass sein Mörder aus eben dieser Vergangenheit kommt. Warum aber wird dann auch noch Molins Nachbar, der alte Geiger Andersson regelrecht hingerichtet?

Während Lindman pessimistisch in seine eigene Zukunft blickt, fasziniert ihn zugleich Molins aus dem Ausland herbei geeilte Tochter, die schöne Veronica. Dagegen erlebt er bei Elsa Berggren, die einst eine Tanzschule führte und zu den seltenen Besuchern von Molin gehörte, nichts als Lügen und überraschende faschistische Tiraden. Mehr und mehr eröffnet sich nicht nur eine immer unheimlichere Mördersuche mit einem ständigen Gefühl des Bedrohtseins, sondern auch ein heimliches Gespinst von neuem Faschismus, der über das dümmliche Getue junger Glatzköpfe weit hinausgeht. Dieses Netzwerk nennt sich "Schwedens Wohl", spielt eine größere Rolle als geahnt und ist in seiner oberflächlichen Seriosität um so gefährlicher.

Trotz des anderen Personals ist auch dieser Roman ein echter Mankell im besten Sinne. Wer ihn einmal in die Hand nimmt, wird ihn wegen des bekannt dichten und hochspannenden Geflechts bis zur letzten Zeile nicht mehr aus der Hand legen wollen. Die gesellschaftspolitische Kritik gibt ihm obendrein die Würze hoher Realitätsnähe und öffnet Sichtweisen weit über den reinen Kriminalfall hinaus.

 

 

# Henning Mankell: Die Rückkehr des Tanzlehrers (aus dem Schwedischen von Wolfgang Butt); 512 Seiten; Paul Zsolnay Verlag, Wien; € 24,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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