ROBERT GERNHARDT: "IM GLÜCK UND ANDERSWO"

"Schier sechzig Jahr auf deiner Welt – bekomm ich jetzt Schmerzensgeld?"/"Mein Kind, mir geht dein Wunsch zu Herzen: Geld hab ich keins. Doch kriegst du Schmerzen!" So pfiffig-verdreht kokettierte Robert Gernhardt vor fünf Jahren mit seinem Alter. Nun zum Einstieg ins Rentenalter (nicht für Dichter!) beendet er die Pause seit "Lichte Gedichte" mit einem Band, der die gesamte Palette seiner Möglichkeiten offeriert.

"Im Glück und anderswo" hat er ihn genannt und seine subtile Wortgewalt weist Gernhardt einmal mehr als Jongleur und Meister des Gereimten wie des Ungereimten aus. Allerlei Lebenskluges darf natürlich nicht fehlen, er rührt philosophierend an "Das stumme Sein der Dinge" und konstatiert in einem Rundum-Rückblick in leichter Melancholie mit einer gewissen Wurstigkeit ein geradezu frivoles Scheitern: "Ich bin, wie ich bin."

Um dann doch sarkastisch zu werden, wenn's um letzte Dinge bei der "Invasion der Körperfresser" geht oder er sein freches "Erdgebet" spricht. Meist aber frönt er eher einem satirisch durchwirkten Fatalismus bei seinen Selbstportraits oder auch der tiefsinnigen "Tübinger Feststellung", nach der auf dieser Welt kein Platz für eine feste Stelle ist. Er kann jedoch auch multi-kulti-bissig werden, wenn er "Beim Italiener" ist oder mit lüsternen Augen einer orientalischen Serviererin nachträumt.

Und selbstverständlich ist er der große humoristische Dichter geblieben, der Banales und Alltägliches gar hintersinnig zur Poesie verdrechselt. Ringelnatz und Wilhelm Busch lassen grüßen, wenn er dann jene Toscana-Brigaden augenzwinkernd hochleben lässt oder sich gar nicht wirklich nett über "Tiere im Glück" ausspricht. Und tatsächlich, er kann sogar böse sein, der Gute, wenn bei der "Deutschen Frage" statt Menschen nur Restaurantbesitzer ins Land kommen oder ein galliger "Cocktail Millennium" angerührt wird.

Eines aber ist gewiss und das trotz der großartigen "Ballade von der Endlichkeit des Ruhms": dieser Dichter wird immer besser und er ist nicht nur ein Fall für echte Fans. Im Übrigen gilt: "Die große Menge wird mich nie begreifen, die Pfeifen." Doch schließlich heißt dieser Robert deshalb Gernhardt, weil fast jeder ihn gern hat! Und weil dieses wunderbare Bändchen ein ausgewachsener Band geworden ist.

 

# Robert Gernhardt: Im Glück und anderswo; 285 Seiten; S. Fischer Verlag, Frankfurt; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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