ENN VETEMAA: "DIE NIXEN VON ESTLAND"

Nicht nur die vielen Najadologen werden jubeln, dass es nun endlich Enn Vetemaas Standardwerk der Freiluft-Wissenschaft über "Die Nixen von Estland" in einer präsentablen Form gibt. Auf dieses Bestimmungsbuch für die geheimnisumrankte Nixenkunde hatte die naturkundliche Gemeinde schon längst einen Anspruch und Eichborns 'Die Andere Bibliothek' verdient Anerkennung dafür, dass das Werk durch die Überarbeitung und kongeniale Illustration seitens Kat Menschik nun ein Massenpublikum für das Thema begeistern wird.

Vetemaa schloss 1983 die unerquickliche Lücke in jenem nixenmäßigen Forschungszweig der Dämonologie. Selbst der nixen-ungeübte Leser wird anhand der liebevollen Ausführungen des mutigen Forschers schnell verstehen, wie reizvoll das Thema ist. Schon die Aufteilung in elf Gattungen mit insgesamt 15 Arten von Nixen öffnet auch dem Amateurforscher das Herz und Vetemaas Versuch einer gewissen professoralen Distanz kann den Eindruck der Heiterkeit angesichts dieser in der großen Mehrheit liebenswürdigen Geschöpfe nicht trüben.

Da lernt man die Schönhaarigen von den Lauthalsigen zu unterscheiden und es geht ins aufregenden Detail, wenn zum Beispiel die überaus niedliche 'Nudimamillaris gigantea' (deutsch: Nackttittige Wuchtbrumme) der 'Lamentosa minilesbica' (minilesbische Heulsuse) gegenüber gestellt wird. Zu den weniger attraktiven zählt die Schwarzzahnige Kopfkratzerin, wogegen die Grünhaarige kokette Nixe sogar als 'Venus von Botticelli' Eingang in die klassische Malerei fand.

Dank sei dem Autor für die gewissenhafte Anleitung für künftige Nixen-Kundler und aufgeräumt hat er auch mit einigen alten Irrtümern – niemand muss sich vor Nixen fürchten und einen Schwanz haben sie auch nicht. Jedenfalls nicht die estnischen. Weniger bekannt ist dagegen eine gewisse Häufung der Nixen-Aktivitäten an Donnerstagen und hier vor allem bei Vollmond, während die Schönen das Donnern selbst eher fürchten.

Eine wahre Pracht an diesem einzigartigen Werk sind die Illustrationen, die von witzig und urig bis zu skurril mit herbem erotischen Charme reichen. Mit der Kinderlieben Heulsuse als Ausreißer, denn sie gleicht verdächtig einer gewissen Maria mit dem Kinde. Um so weltlicher erfreuen uns da die Indische Puddingnixe oder die Garde der Nymphomaninnen. Fazit: strenge Wissenschaft und heitere Kunst haben sich hier zu einem Buch mit heißer Anwartschaft auf Kultstatus vereint.

 

# Enn Vetemaa: Die Nixen von Estland – Ein Bestimmungsbuch (aus dem Russischen von Günter Jäniche); 336 Seiten, bearbeitet und ill. von Kat Menschik; Eichborn Verlag, Frankfurt; € 19,90 (hochwertige Ausgabe im Schuber € 29,50) WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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