WARWICK COLLINS: "FUCKWOMAN"

Hatte Warwick Collins mit seiner Urinstein-Novelle "Herren" schon herrlich prosaisch, ironisch und mit jeglichem Mangel an politischer Korrektheit begeistert, steigert er sich mit seinem neuen Roman "Fuckwoman" in die erste Klasse echter bitterböser Satire.

Da versetzt eine Unbekannte die Männerwelt von Los Angeles in Angst und Schrecken, denn als selbst ernannte Rächerin nimmt sie sich all der Sextäter, Vergewaltiger und Frauenschänder an, die der Polizei oder einer hinreichend gerechten Strafe bisher entgangen sind. Ganz im Sinne der Superman-Philosophie von Gut und Böse tötet sie ihre Zielpersonen nicht, sondern fügt ihnen ähnliche Schändungen und Demütigungen zu, wie ihre Opfer sie erleiden mussten. Sie greift ebenso subtil wie drastisch zu und überrascht als durchtrainierte Kampfsportlerin sogar eine ganze Halbwüchsigenbande, die ihren Vergwaltigungsversuch schließlich im Krankenhaus auskurieren muss.

Da ist es nicht nur Cynthia Lelague von der "Angel Times", die durch viel Presserummel dafür sorgt, dass Fuckwoman zur Ikone der Gerechtigkeit, ja, zur mythischen Heldin vor allem der weiblichen Bevölkerung wird. Die kühle Cynthia weiß nur zu gut, ob diese Furie der Selbstjustiz lediglich eine ausgerastete feministische Psychopatin oder doch eine Vertreterin wahrer Gerechtigkeit ist – sie recherchiert in eigener Sache und sie steht insgeheim zu ihrem Tun: "Ich räche nicht – ich bin die Rache!" Für die Polizei aber wird Fuckwoman ein immer größer werdendes Problem nicht für den Ruf, man fürchtet außerdem Gewalttäter, die sich durch Fuckwomans Taten erst zu eigenen reizen lassen.

Um so spannender wird das Interview-Duell zwischen Reporterin Cynthia und dem gewieften Polizeipsychologen Dr. Holocenter, der erstaunlich genau beschreiben kann, wie die geheimnisvolle Rächerin wohl 'tickt'. Und er ist es dann auch, der Fuckwoman in die Falle lockt, indem er ihre Intelligenz mit einem extrem simplen Trick unterläuft. Was nun einsetzt, ist ein geradezu genial überzogenes Finale. Zugleich stehen Recht und Moral in schillerndem Gegenlicht. "Doppeltes Unrecht ergibt noch kein Recht", skandiert der Bürgermeister, während die Bevölkerung tobt, weil die Polizei offenbar mehr Eifer bei der Ergreifung von Fuckwoman gezeigt hat als bei der Verfolgung von Unholden.

Das Alles ist dann von erhabener Respektlosigkeit, von unverschämter, dreckiger Satire und erweist sich ungeachtet der teils rüden Sprache als ein grandioses Stück Literatur auf hohem intellektuellem Niveau.

 

# Warwick Collins: Fuckwoman (aus dem Englischen von Uda Strätling); 272 Seiten; Antje Kunstmann Verlag, München; € 19,90 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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