STEPHEN FRY: "DER STERNE TENNISBÄLLE"

"Der Sterne Tennisbälle", das ist ein sperriger, fast abschreckender Titel und die ersten 33 Seiten dieses Romans haben auch wenig von einem Fluss. Doch dieses Buch ist von Kultautor Stephen Fry geschrieben und wer es einmal zu lesen beginnt, findet sich plötzlich in einem reißenden Strom wieder, der ihn bis zur letzten Zeile nicht wieder zur Ruhe kommen lassen wird.

Es wirkt so harmlos, wenn sich der hoffnungsvolle Ministersohn Ned Maddstone und die schöne Portia, beide knapp 18, Liebesbriefe schreiben. Oder ahnt man, dass Ned ein zu guter Schüler und Sportler ist, zu gut aussieht und obendrein noch nett - zu nett! - ist?

Da gibt es vermeintliche Freunde, die er zuvorkommend behandelt. Ashley, den Schleicher und Intriganten, der vom Neid auf Neds gute Herkunft und Liebenswürdigkeit zerfressen wird und dabei seine gefühlskalte Intelligenz einsetzt. Oder Rufus, auch er ein Kumpel, der Ned in seinem stets haschvernebelten Dumpfkopf grollt. Und schließlich taucht noch Portias Cousin Gordon auf, ebenfalls 17, aber vom Schicksal gebeutelt, denn seine Eltern starben kürzlich. Gordon verzehrt sich in aussichtsloser Liebe zu seiner Cousine.

Da fällt es Ashley nicht schwer, die beiden Gleichgesinnten zu einem bösen Streich zu animieren: während Ned und Portia Liebesfreuden genießen, stopfen die Drei Ned eine Tüte Marihuana in die Tasche und geben der Polizei einen Tipp. Aber sie ahnen nicht, welch eine Schicksalslawine sie damit lostreten, denn statt für eine Nacht im Polizeigewahrsam landet der ahnungslose Ned in einem ausländischen Irrenhaus.

Der Roman nimmt hier eine gründliche Wendung. Endlos darbt der junge Mann nun in dieser namenlosen Abgeschlossenheit und retardiert immer mehr. Erst nach zehn dumpfen Jahren lernt er seinen Retter kennen, den viel älteren, genialen Leidensgenossen Babe. Noch zynischer, noch beißend intellektueller und von herausfordernder Arroganz beschreibt der Autor die Wiedergeburt Neds. Bis hierher ein Spielball des Schicksals, übernimmt er jetzt die Regie und er hat allerhand zu erledigen...

Selbst die Flucht aus der Klinik in einem Sarg ist da nur ein filmreifer Auftakt zu einem ebenso furiosen wie unbarmherzigen Rachefeldzug. Stephen Fry zeigt einmal mehr die ganze Meisterschaft seines tiefschwarzen britischen Humors mit ungebärdiger Fantasie und messerscharfen Dialogen. Hinzu kommt seine Gabe, mit wenigen Strichen Szenen und Charaktere von großer Tiefenschärfe zu zeichnen. Fazit: ein faszinierender Roman, allerdings nichts für zartbesaitete Leser.

 

 

# Stephen Fry: Der Sterne Tennisbälle (aus dem Englischen von Ulrich Blumenbach); 391 Seiten; Aufbau Verlag, Berlin; € 20 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: Bel 131 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de