SEBASTIAN HAFFNER: "CHURCHILL"

 Noch einmal Sebstian Haffner? Und nicht einmal ein neues Buch? Ja, es ist die verdienstvolle Neuauflage seiner exzellenten Churchill-Biographie von 1967. Wie kaum ein anderer war der 1999 verstorbene Journalist prädestiniert, gerade diesen Staatsmann kenntnisreich und angemessen zu porträtieren.

 Haffner bietet dazu gleich zwei Voraussetzungen, wie sie günstiger nicht sein können: er ist ein großer Kenner sowohl der Geschichte Churchills wie Hitlers und er hat als junger Emigrant in den entscheidenden Jahren Churchills, nämlich von 1938 bis 1954, selbst in England gelebt. Und Haffner geht in zweierlei Hinsicht typisch angelsächsisch vor, denn er beleuchtet auch den privaten Menschen und stellt außerdem die bei den meisten Historikern leider verpönte Frage des "Was wäre gewesen, wenn?"

 Der vielfach gescheiterte und auch immer wieder erfolgreiche Staatsmann Churchill - für viele einer der größten des 20. Jahrhunderts - ist ein Musterbeispiel dafür, dass Geschichtsverläufe oft ganz eng an das Auftreten bestimmter Persönlichkeiten gebunden sind. Ausgerechnet der früh bekennende Anti-Kommunist mit dem Ansatz faschistoiden Gedankenguts wurde der entscheidende Gegenspieler Hitlers. Es war Churchills Weitblick, der erkannte, dass der Diktator ein Mann des Krieges war, der genau diesen wollte und Entgegenkommen gnadenlos bestrafte.

 Als Churchill dann im Mai 1940 Kriegspremier wurde, wurde er unersetzlich für die Weltgeschichte. Er verkörperte Englands tödliche Entschlossenheit und dieser von Jugend an Unbezähmbare war der richtige Mann zur rechten Zeit am richtigen Ort. Haffner erläutert dazu diese einzigartige Charaktermischung des Staatsmannes, der kein Politiker war sondern ein Krieger, der begriffen hatte, dass zur Kriegsführung auch Politik gehört.

 Doch wie war der "andere" Churchill, der junge, der private? Haffner zeichnet das Bild eines überraschend warmherzigen und zugleich hitzköpfigen Mannes, der nach liebloser Kindheit und schwieriger Jugend spät heiratete und eine glückliche Ehe ohne Affären führte. Zeitlebens war er im Übrigen ein Worcaholic und überzeugt davon, für Großes ausersehen zu sein.

 Und es wird eine weitere Seite beleuchtet, die neben seiner historischen Bedeutung zu leicht übersehen wird: Churchill liebte die Literatur und schrieb bereits mit 25 seinen ersten Erfolgsroman. Auch hier war er äußerst fleißig und 1953 erhielt der Schulversager ohne Abitur sogar den Literatur-Nobelpreis. Sein exzellenter Stil gehört zum Feinsten, was die englischsprachige Literatur hervorgebracht hat. An Haffners rundum gelungener Biographie besticht um so mehr, dass er dem großen Vorbild in der Meisterschaft des Schreibens erfreulich nahe kommt.

# Sebastian Haffner: Churchill - Eine Biographie; 208 Seiten, div. sw-Abb.; Kindler Verlag, Berlin; € 17.50               

  WOLFGANG A. NIEMANN  (wan/JULIUS)

 

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