CHRISTIAN HALLER: "DIE VERSCHLUCKTE MUSIK"

 Es schwankt. Mit diesen Worten beginnt und endet Christian Hallers neuer Roman "Die verschluckte Musik". Zwischen diesen Feststellungen liegt eine ganze Zeitreise, die der Ich-Erzähler für seine altersverwirrte Mutter durchführt, indem er gewissermaßen ihre Vergangenheit zu durchschreiten versucht.

 Eingangs ist die Mutter ein kleines Mädchen, Tochter einer großbürgerlichen Familie im eleganten und kultivierten Bukarest, das seinerzeit als 'Paris des Ostens' gerühmt wurde. Die Sorglosigkeit muss jedoch bald weichen, denn mit dem Ersten Weltkrieg gerät auch diese scheinbar unerschütterliche Grandeur in den Strudel in den Strudel der Katastrophen des Jahrhunderts.

 Der erwachsene Sohn nun fährt stellvertretend in die Metropole der Jetzt-Zeit, die durch Ceaucescus ebenso rücksichtslose wie kleingeistig-größenwahnsinnige Umgestaltung nur noch graue Tristesse bietet. Ihm eröffnet sich viel Nostalgisches, doch mitten drin auch das wenig bekannte, so unfassbar grausame Pogrom der Gardisten vom 21. Januar 1941. Als der dann jedoch in das tatsächlich noch vorhandene großväterliche Haus gelangt, fühlt er sich, als sei er in die innerste Welt der Mutter eingetreten: "Und ich stand nur einfach da, in dieser verfallenden Welt, sah und hatte gefunden und war selbst wie erlöst."

 In dieser eigenartig fesselnden Geschichte vermischen sich Heute, Gestern und Vorgestern und gegen Schluss heißt es von der Mutter, sie erinnere sich, Erinnerungen gehabt zu haben. Schöne Erinnerungen. Und wie sie lebt der Roman von einer dichten Sprache, die fast altmodisch ist. Zumindest aber vornehm.

 

# Christian Haller: Die verschluckte Musik; 268 Seiten; Luchterhand Literaturverlag, München; € 18.50

                 WOLFGANG A. NIEMANN  (wan/JULIUS)

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