ANDREJ KURKOW: "EIN FREUND DES VERBLICHENEN"

Mit "Ein Freund des Verblichenen" wird Andrej Kurkow noch mehr Freunde gewinnen, als ihm das mit seinem Welterfolg "Picknick auf dem Eis" bereits gelungen ist. Die Liebes- und Kriminalgeschichte, die er hier als Realsatire aus dem postsowjetischen Absurdistan schildert, ist ein Geniestreich an lakonischer Prosa und hintergründigem Humor, der ebenso grotesk wie intelligent und anrührend ist.

Ich-Erzähler Tolja lebt in einer Kiewer Einraumwohnung neben seiner Frau her, die ihn betrügt. Am glücklichsten macht sie ihn durch Abwesenheit. Die Tristesse weiter zu ertragen, missfällt ihm, seine Frau umzubringen käme gleichwohl nie in Frage. Was aber dann, denn: "Ich war kein Typ für Selbstmord". Er hatte jedoch gehört, dass die Opfer eines Auftragsmordes einen gewissen Ruhm genießen. So könnte er sein sinnloses Leben wenigstens effektvoll beschließen.

Einen preisgünstigen Killer zu finden ist kein nennenswertes Problem in der Gegenwart des Wilden Ostens. Sein Schulfreund Dima vermittelt ihn für ganze 450 Dollar. Da ist es fast schwieriger, auch noch ein aktuelles Foto der 'Zielperson' zu besorgen, angeblich ist das der Geliebte seiner Frau. Am Tag X macht sich Tolja ausgehfein und wartet am vereinbarten Tatort zur abgemachten Zeit. Doch – der Killer versetzt ihn.

In dem nun weiterlaufenden "außerplanmäßigen Leben" schwingt sich eben dieses plötzlich zu ungeahnter Blüte auf. Er gabelt Lena auf, im Hauptberuf Prostituierte, zwischendurch eine zärtliche Geliebte. Außerdem kommt er durch einen aberwitzigen, natürlich ungesetzlichen Auftrag zu einem kleinen Vermögen und das Leben könnte nun sehr schön sein. Aber dann meldet sich sein Mörder telefonisch, denn der hatte seinerzeit lediglich ein Problem mit seiner Uhr gehabt und führt seine Aufträge grundsätzlich mit großer Gewissenhaftigkeit aus. Was also tut man, um einen einmal georderten Killer wieder loszuwerden....

Es soll hier nicht verraten werden, mit welcher Leichtigkeit des Seins der Erzähler seine seltsam weltenfremde Romanze weiter genießen kann. Auf jeden Fall ist das hinreißend komisch und zugleich auf melancholische Weise spannend. Zudem schwebt da stets ein Hauch von fatalistischem Optimismus über allem, schließlich ist das Prinzip Hoffnung in dieser Realität einfach überlebensnotwendig. Fazit: auch dieser Kurkow-Roman ist ein subtiles Meisterwerk, das man gerne mehr als einmal genießen wird.

 

 

# Andrej Kurkow: Ein Freund des Verblichenen (aus dem Russischen von Christa Vogel); 144 Seiten; Diogenes Verlag, Zürich; € 18,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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