PETROS MARKARIS: "NACHTFALTER"

 Da kann man sich ohnehin nur einen Einfach-Urlaub auf einer kleinen Insel bei Verwandten leisten und dann wird Kostas Charitos, Leiter der Athener Mordkommssion, auch noch durch ein Erdbeben aufgescheucht. Und dienstlich gefordert, denn ein Erdrutsch hat dabei eine unbekannte Leiche freigelegt.

 Umgehend lässt Petros Markaris seinen ewig grantigen Hauptkommissar ins schwülheiße sommerliche Athen zurückkehren. Dort streikt die Müllabfuhr, die Straßen sind verstopft und während er bei der Inselleiche noch im Dunkeln tappt, kommt eine ungleich schwierigere Aufgabe auf ihn zu. Koustas, der große Boss vom Rotlicht-Bezirk, wurde erschossen, direkt vor seiner eigenen Nachtbar "Nachtfalter" - so auch der Titel dieses dicht gewobenen Krimis.

 Stur und in seiner Impertinenz zuweilen an Tatort-Kommissar Palü erinnernd, beißt sich Charitos trotz Herzbeschwerden durch das verwobene Geflecht von Schiebereien, Korruption, Prostitution und vielerlei Verbrechen und immer wieder begegnen ihm bekannte und auch angesehene Namen. Da nimmt es nicht wunder, dass alsbald von ganz oben Weisungen kommen, es nun gut sein zu lassen mit den Ermittlungen. Und es wird geradezu satirisch, wenn da schon mal das Sperma eines potenziellen Dirnenmörders unter den Schutz parlamentarischer Immunität fällt.

 Für Charitos sind Politiker sowieso von Berufs wegen Schmierenkomödianten und von denen lässt er sich nicht stoppen, wogegen sich seine Mitarbeiter Dermitzakis und Vlassopoulos eher durch Wollen als Können auszeichnen. Trotzdem spüren sie gemeinsam einen drittklassigen Fußballclub auf, den ein angesehenes Meinungsforschungsinstitut mit Millionen sponsort und irgendwo taucht im Hintergrund dann der Name Koustas auf und dieser bleibt nicht der letzte Tote in einem Kriminalfall, der nicht das glorreichste aber wohl ein realistisches Bild der griechischen Metropole zeichnet.

 Lügen, Intrigen, tiefe Abgründe und überraschende Wendungen verbunden mit der raffiniert konstruierten Erzähltechnik und viel Sarkasmus machen diesen zweiten Fall des Kommissars Charitos zu einem intelligenten Lesevergnügen nicht für Krimi-Liebhaber.

 

# Petros Markaris: Nachtfalter (aus dem Griechischen von Michaela Prinzinger); 554 Seiten; Diogenes Verlag, Zürich; € 23.90

                  WOLFGANG A. NIEMANN  (wan/JULIUS)

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