BRITTA MISCHER: "DIE JÜNGEREN"

 "Diese Jugend von heute..." heißt es immer wieder und neuerdings wird von Generation X, Generation Golf und dergleichen gesprochen. Britta Mischer, selbst erst 30 Jahre alt, vermeidet all diese Schubladen in ihrem Buch über das, was die jungen Menschen unserer Zeit bewegt. Folgerichtig und bewusst nicht im statistischen Sinne repräsentativ zu werten, nennt sie es "Die Jüngeren - Mitschnitte aus dem Leben der 13- bis 30-Jährigen".

 Sie glänzt nicht mit soziologischen Einordnungen, philosophischen Betrachtungen oder dem zweifelhaften Bemühen um Ausgewogenheit, ja, sie enthält sich sogar wohltuend jeden Kommentars zu den oft genug erstaunlichen Einlassungen der jungen Leute. Rund 100 davon hat sie befragt, wer sie sind, an wen oder was sie glauben, wovor sie Angst haben und vieles mehr.

 Am auffälligsten ist die Vielfalt der Aussagen, die den intensiven Wunsch der meisten nach Individualität und Einzigartigkeit belegen. Zwar gibt es auch weiterhin eine Menge junger Leute, die sich zu Gruppen wie HipHoppern, Mods oder Skinheads bekennen, doch es sind viele sehr unterschiedliche und nicht mehr wie früher ganze halbwegs homogene Heerscharen wie zu Beatles- oder Hippie-Zeiten. Es gibt viel zu staunen in dem sehr bunten Reigen der Befragungen und Selbstdarstellungen, der mal vielschichtige Plauderei, mal tiefgründige Reflektion ist und von der gelernten Grafikdesignerin mit Foto-Collagen sehr bunt illustriert wurde. Da stehen in schönster Toleranz teils krasse Gegensätze nebeneinander und selbst ein bekennender Gewaltfreund wie Skinhead Christian kommt zu Worte, während andere wiederum ausgesprochen introvertiert reagieren.

 Die Vorstellungen von der eigenen Zukunft sind ebenfalls höchst unterschiedlich von simplen oder skurrilen Träumereien bis zur zielstrebig angedachten Karriere. Bei der Frage nach dem, was sie hassen, kamen meist vage Antworten oder Unverständnis. Und an wen oder was glauben die 13- bis 30-Jährigen - mehrheitlich an Gott oder sich selbst! Vorherrschend ist im Übrigen eine große Vorliebe für schwarze Kleidung ("die Farbe des Andersseins"). Wenn es trotzdem die eine Einheitlichkeit gibt, dann ist es die Musik, die fast allen sehr wichtig ist, egal, ob Mainstream oder bis hin zu den abgefahrensten Nischenkults.

 Fazit: ein ebenso verwirrendes wie aufschlussreiches, auf jeden Fall aber dem Thema sehr angemessenes Buch. Statt Feldforschungen und Soziologen-Chinesisch hört/liest man hier Original-Ton Jugend und vielleicht fördert das ein wenig auch das Verständnis sowohl zwischen den Gruppierungen wie auch bei Erwachsenen, Eltern und Pädagogen.

 

# Britta Mischer: Die Jüngeren - Mitschnitte aus dem Leben der 13- bis 30-Jährigen; 144 Seiten, ca 400 Fotos, farbig ill., Großformat; Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin; € 25.90   WOLFGANG A. NIEMANN  (wan/JULIUS)

 

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