ROLF SILBER: "DAS LEBEN TOBT"

Wenn einem geschäftsuntüchtigen Bestattungsunternehmer das schmerzhaft-schöne Abschiednehmen mittels großkalibriger Pistole beim Sonnenaufgang überm Rheintal durch das Disco-Gewummer aus einem nebenan parkenden aufgemotzten Alfa Romeo vermiest wird und er den unerwünschten Galan einer frustrierten jungen Autobraut mit der Wumme verjagt, dann ist das schon ein skurriler Einstieg in einen Roman wie "Das Leben tobt". Wenn dieses Werk jedoch auch noch aus der Feder von Autor und Regisseur Rolf Silber (u.a. "Echte Kerle", 1996!) stammt, dann tut das irgendwann echt weh - da, wo das Zwerchfell sitzt.

Welch ein Paar, dieser traurig-düstere Rainer in seinem Leichenbitteraufzug und dem merkwürdigen Geruch und dazu die niedliche Vera mit dem Helfersyndrom und der Gabe, von einem Unglück ins nächste zu stolpern. Eigentlich interessiert Rainer nur, endlich stilvoll ins Jenseits zu gelangen, doch noch braucht ihn Vera dringender. Da leiert Rainer beseelt von der Ruhe und der Unbekümmertheit desjenigen, der ja eigentlich schon bei Gevatter Hein weilen wollte und extrem wenig zu verlieren hat, einem Ganoven einen Packen Geld aus der Kasse.

Was natürlich Folgen hat, denn man tritt nicht ungestraft Großstadt-Mafiosi auf die Zehen. Schräge Killer werden angesetzt und auch noch leichtsinnig verärgert und obendrein ist ein paranoider Kommissar auf Rainers Spur, weil der zum geplanten Freitod parallel die verschuldete "Pietät Licht" in die Luft gejagt hat. Das Leben tobt wahrhaft und da muss das Sterben erstmal warten, schließlich hat Rainer als "verantwortungsvoller Selbstmörder" seine Ansprüche von wegen Procedere.

Klar, dass die virtuos komponierte Geschichte auf einen Showdown der Sonderklasse zutreibt, zumal Lebensgefahren auch noch Gefühle freisetzen. Obwohl Rainer so etwas an sich gar nicht gebrauchen kann bei seinen Absichten, aber Vera ist nun mal eine heillose Kümmerin und eine attraktive obendrein. Und überhaupt ist dieser flotte Roman ziemlich böse, knochentrocken satirisch und zugleich urkomisch romantisch. Ein wahres Blitzgewitter an aberwitzigen Ideen macht ihn absolut filmreif und außerdem: wann hätte man zuletzt ein solche Ansammlung von Typen in einer Geschichte zusammen gehabt, die teils derartig krass sind, dass sie jedes Klischee locker hinter sich lassen.

 

 

# Rolf Silber: Das Leben tobt; 220 Seiten; Eichborn Verlag, Frankfurt; € 17.90  WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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