SANDRO VERONESI: "SEIN ANDERES LEBEN"

Sein Vater soll ein KGB-Agent gewesen sein? Ausgerechnet er, ein bekennender Katholik, Anti-Kommunist und obendrein hoher Offizier der italienischen Streitkräfte? Diese abenteuerliche Geschichte, die der ominöse Taxi-Fahrer dem 41-jährigen Kinderbuchautor Gianni da weismachen will, die kann doch gar nicht stimmen. Außerdem kann sein Vater niemals solch eine Type als angeblich besten Freund gehabt haben. Oder?

Aber schließlich ist er auch glücklich verheiratet, Vater zweier Kinder, die er sehr liebt. Und muss nun fassungslos zur Kenntnis nehmen, dass seine Anna fremd gegangen ist. Da tobt ein Sturm der Entrüstung und der ohnmächtigen Wut im inneren Monolog des Ich-Erzählers auf. War denn alles nur Fassade, hatte er an der Wirklichkeit vorbeigeglaubt? Beginnt nun "Sein anderes Leben" - so auch der Titel von Sandro Veronesis Roman.

Dieses Hinübergestoßenwerden in eine neue, scheinbar in vielem ganz andere Lebensbahn schleudert Gianni in manisch-depressive Stimmungen, wie sie wohl jedem sensiblen Menschen durch Herz und Verstand gehen, wenn ihm plötzlich und gegen jede selbstvermutete Wahrscheinlichkeit das gesamte Lebensgefüge enttarnt und mutwillig unterminiert wird. Wie hat er selbst doch stets allen Versuchungen widerstanden, sich bewusst für den geraden, ehrlichen Weg entschieden, der manches Herunterspielen erforderte.