THANKMAR VON MÜNCHHAUSEN: "EIFFELS TURM"

Unter dem Titel "Eiffels Turm" stellt Thankmar von Münchhausen seine Streifzüge durch die Geschichte Frankreichs und sicher ist dieses einzigartige Bauwerk gleich in mehrfacher Hinsicht ein Symbol zum Verständnis unserer Nachbarn. Von vielen als achtes Weltwunder bezeichnet, erregte es durchaus auch harsche Ablehnung, als es 1889 zur bereits vierten Weltausstellung in Paris eingeweiht wurde.

100 Jahre nach der Französischen Revolution wurde es Sinnbild des Fortschritts ebenso wie einer großen Vergangenheit. Doch was hat das damit zu tun, wie "der" Franzose denkt und fühlt? Was macht den typischen Franzosen aus, was prägt sein Selbstverständnis als Bürger der "Grande Nation"? Um die Franzosen verstehen zu lernen, muss man vermutlich ihre Geschichte kennenlernen. Und vielleicht auch noch, was sie selbst darüber denken.

Thankmar von Münchhausen hat sich diesem löblichem Werk gewidmet und er darf als einer der profiliertesten Frankreich-Kenner Deutschlands gelten, hat er doch den größten Teil seines Berufslebens als Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in Frankreich und im damals noch französischen Beirut verbracht. Sein exzellent geschriebenes Geschichtsbuch der besonderen Art ist ebenso belehrend wie unterhaltend und statt trockener Wissensvermittlung lässt er Geschehnisse und Protagonisten lebendig werden.

Weit ist der Bogen gespannt und er umfasst weit mehr als die Befreiungskämpfer von Jeanne d'Arc bis Charles de Gaulle, die Zeit als koloniale Weltmacht und als unter deutschen Kriegsattacken leidendes Land. Da fehlen weder Sonnenkönig Louis XIV und Versailles, noch die Revolution von 1789 und Napoleon Bonaparte. Natürlich ist die jüngere Vergangenheit mit dem Niedergang des Kolonialreiches einschließlich solch bitterer Niederlagen wie der in Indochina und Algerien ebenso wenig ausgespart wie die wichtigsten Politiker der jüngsten Zeit, sei es der über Jahrzehnte in wechselvollen Rollen wirkende Mitterand, sei es der amtierende Präsident Chirac.

Doch auch Rückblicke auf düstere Kapitel der Geschichte klingen an, die die Franzosen wie wohl jedes Volk gern verdrängen. Wer mag sich schon an das Abschlachten der Katharer-Sekte im 13. Jahrhundert erinnern, bei der mit Béziers sogar eine ganze Stadt bis zum letzten Einwohner ausgerottet wurde. Einen ähnlichen Holocaust erlebten drei Jahrhunderte später die Hugenotten.

Um die Physiognomie eines Volkes ein wenig besser ken= nen zu lernen, bedarf es jedoch auch der Bilder von we= niger herausragenden Bürgern und Ereignissen und auch die werden vom Autor mit spürbarer Sympathie dargestellt. "Frankreichs Uhren gehen anders", wird behauptet. Vielleicht versteht man nach der Lektüre dieses aufschlussreichen Buches zumindest ein wenig besser, warum das so ist.

 

# Thankmar von Münchhausen: Eiffels Turm; 392 Seiten; Societäts-Verlag Frankfurt; 39,80 DM

(öS 291,-/sFr 38.-/€ 20,35) WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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