VALERIE HANSEN: „DAS JAHR 1000“


Wer heute von Globalisierung spricht, bezieht zwar China und den übrigen pazifischen Raum selbstverständlich mit ein, dennoch ist zumindest die Draufsicht auf diese weltumspannenden Verkehrs- und Wirtschaftsströme doch eher eine eurozentrische.
Um so spannender liest sich da das Sachbuch „Das Jahr 1000. Als die Globalisierung begann“ von Valerie Hansen. Wobei die Sinologin und Historikerin der Elite-Universität Yale kein Hehl daraus macht, dass es sich bei dieser zeitliche Einordnung eher um ein gegriffenes Datum handelt. Hinzu kommt der Umstand, dass es für viele der Darlegungen keine allzu manifesten Beweise gibt.
Fest steht jedoch, dass es um die Jahrtausendwende längst einen nahezu weltweiten Austausch von Waren, Kultur und Wissen gab. Da hätten bestimmte Gegenstände nicht nur theoretisch quasi per Schiff oder auf dem Landweg um die Welt reisen und verkauft werden können. Während in Europa weitgehend noch das „finstere Mittelalter“ herrschte, reisten Chinesen, Inder und Araber über interkontinentale Strecken und hierbei tummelten sie sich insbesondere im Pazifikraum.
Und die China-Expertin überrascht nicht wirklich, wenn sie die heutige globale Großmacht China auch zu jener frühen Hochzeit des Welthandels als die am höchsten entwickelte Region benennt. Mit 100 Millionen Menschen umfasste der „Reich der Mitte“ rund ein Drittel der damaligen Weltbevölkerung. Es gab reiche Städte, hochwertige Waren und die Handelswege erstreckten sich über den riesigen pazifischen Raum, aber auch bis Ostafrika.
Doch auch die Herausbildung der großen Weltreligionen förderten die Globalisierung noch. Und die Europäer? Da waren es nur die Wikinger, die als erste globale Routen befuhren und offenbar sogar Handel mit indigenen amerikanischen Völkern trieben. Allerdings macht die Wissenschaftlerin an den Jahren um die erste Jahrtausendwende dann gleichwohl einen besonderen Schub für die Globalisierung aus.
Es sind die Jahre solch wegweisender Entwicklungen wie des Kompass und das Aufkommen des Papiergeldes. Es ist ein regelrechter Aufbruch zu erkennen, aus dem transkontinentale Netzwerke hervorgingen. Wenn Valerie Hansen schließlich in ihrem faktenreichen und sehr unterhaltsam geschriebenen Buch zum Epilog ansetzt, macht sie deutlich, dass das dann machtvoll aufkommende europäische Kapitel der Weltgeschichte mit den weiten Routen der Entdecker und Weltumsegler erst 500 Jahre später beginnt.
Fazit: ein spannendes Stück Weltgeschichte, das nicht zuletzt beweist, dass „der Westen“ die Globalisierung nicht erfunden hat.

# Valerie Hansen: Das Jahr 1000. Als die Globgalisierung begann (aus dem Amerikanischen von Anna Leube und Wolf Heinrich Leube); 393 Seiten, div. Abb.; C. H. Beck Verlag, München; € 28

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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