OTTESSA MOSHFEGH: DER TOD IN
IHREN HÄNDEN
Sie hieß Magda. Niemand wird je erfahren, wer sie ermordet hat. Ich war es nicht.
Hier ist ihre Leiche. Das steht auf einem Zettel, den Vesta Guhl beim Spaziergang
mit Hund Charlie im nahen Birkenwald findet. Allerdings ist da weit und breit weder eine
Leiche noch die Spur eines Verbrechens.
Damit setzt der vierte Roman der US-Amerikanerin Ottessa Moshfegh ein. Der Tod in
ihren Händen lautet der Titel und Vesta tritt als Ich-Erzählerin auf. Nach dem Tod
ihres Ehemannes war die 72-Jährige vor etwa einem jahr aus dem Westen hierher in ein Kaff
in Maine gezogen, in eine Waldhütte ohne Telefon und Fernseher.
Einzige Gesellschaft ist der Retriever Charlie, den sie sich aus dem Tierheim geholt hat.
Nun bringt der rätselhafte Zettel das einsame aber auch gewollt ungestörte Leben in
Unruhe. Gibt es die ermordete Magda wirklich? Und den Zettelschreiber, der vielleicht doch
ihr Mörder war? Die Polizei mag sie nicht fragen und die sonstigen Nachforschungen
müssen sehr diskret vonstatten gehen.
Das meiste dessen, was der zunehmend zweifelnde Leser erfährt, findet ohnehin in Vestas
Kopf statt. Und der Monolog geht weiter zurück in ihre Vergangenheit. Die offenbar nicht
eben erfreulich war mit Walter, dem an Krebs verstorbenen Gatten. War der attraktive
Professor ein autoritäres Scheusal, das ständig fremdging?
Anscheinend war Vesta zu seinen Gunsten kinderlos geblieben. Nun war er mit einer
Lebensversicherung zu ihren Gunsten verschieden. Nur gibt ihre durchscheinende
Gefühlskälte dem Leser zu denken, während ihr Geist wegen Magda immer mehr
kriminalistische Theorien durchdekliniert. Immer tiefer gräbt sich dieses Protokoll einer
großen Einsamkeit in Düsternis ein.
Und dann schimmert wie ein roter Faden eine Art Duell zwischen Vesta und Hund Charlie
durch und macht zusätzlich beklommen. Fazit: eine hervorragend geschriebene Krimi-Farce
mit geradezu autistischen Zügen einer feministischen Selbstbeschau.
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