HORST ECKERT: DIE STUNDE DER
WUT
Die 19-jährige Tochter des angesehenen Psychiaters Markus Dorau verblutet in ihrer
kleinen Wohnung. Es sind nur zwei eher kleine Messerstiche, doch die Hilfe kommt zu spät.
Mit diesem Mord beginnt eine Woche, von der sich Kriminalrätin Melia Adan ausdrücklich
gewünscht hatte, dass es mal keine Morde für die von ihr gelietet Kriminalinspektion im
Düsseldorfer Polizeipräsidium geben möge.
Das ist der Auftakt zu Horst Eckerts neuem Politthriller Die Stunde der Wut,
der vor allem hinsichtlich der Charaktere an den Vorgänger Im Namen der Lüge
anschließt. Während sich Erster Kriminalhauptkommissar Vincent Veih um den Mord an Klara
Dorau kümmern muss, versucht Melia Adan, die ehemalige Verfassungsschutzmitarbeiterin mit
der somalischen Mutter, vergeblich, den Fall der vor einem Jahr im Einsatz gegen eine
Neonazi-Organisation verschwundenen Kollegin Solveig Fischer wiederaufzunehemn.
Dann tritt der hünenhafte Privatdetektiv Roland Kracht auf, der in Stricherkreisen
belastendes Material gegen einen Staatssekretär sucht. Der einstige KSK-Elitesoldat mit
der radikal rechtsextremen Gesinnung meldet seinen Erfolg an Hartmut Osterkamp, den
unersättlichen Immobilien-Mogul. Der plant als neuen äußerst lukrativen Geschäftszweig
den Betrieb privater Gefängnisse. Was dieser Staatssekretär abzublocken versucht.
Politisch sind sich der Oligarch und Kracht sehr nahe. Osterkamp will Deutschland
umkrempeln gegen die Volksfront von links bis hinein in CDU-Kreise. Und: für den
Notfall besaß er Kontakte zur dunklen Seite. Erst mal aber führt das Geschehen zum
TV-Filmstar Jennifer Arnold. Sie bezieht gegen ihre Durchhänger Koks von ihrem ganz
speziellen Dealer von ihrem Psychiater Dorau.
Was noch relativ ruhig wie ein guter Tatort-Krimi begann, entwickelt sich schon bald immer
mehr zum rasanten Politthriller und das nicht nur wegen Roland Kracht, den das Jagdfieber
gegen die linksgrüne Gutmenschenideologie schier ausrasten lässt. Und es
bleibt nicht bei dem einen Mord und bei der breiten verwickelten Schneise, die immer
verblüffendere Querverbindungen offenbart, spielt Tessa Schramm, die Spitzenermittlerin
des Drogendezernats, eine Rolle, die ebenso dubios ist wie ihre Schutzherren aus
Geheimdienstkreisen.
Doch auch gesellschaftlich knirscht es gewaltig mit gnadenlosem Mietwucher und
linksradikalen Protesten dagegen, mit tiefbraunem Shitstorm gegen Jennifer Arnold wegen
eines flüchtlingsfreundlichen Interviews und mit Undercover-Verflechtungen weit jenseits
rechtsstaatlicher Grundsätze. Mit kriminellen Methoden nordet derweil Oligarch Osterkamp
die angehende neue Bundeskanzlerin auf seine stramme Linie ein.
Melia und Vincent erleben dabei eine wahre Achterbahn an sich überschlagenden Ereignissen
und immer wieder werden Loyalitäten auf eine extrem harte Probe gestellt. Und während
einerseits eine besonders giftige Spinne aufgerechnet von der Spitze des
Verfassungsschutzes aus blutige Strippen zieht, ist es der Ex-KSK-Soldat Kracht, der sein
geheimes Waffendepot öffnet.
Zu vieles ist ihm zuwider an den gegebenen Verhältnissen und als er sich nun auch noch
düpiert sieht, ist sie gekommen, die titelgebende Stunde der Wut. Womit auch dieser bis
zuletzt fesselnde Roman mit seinem grandios aufgebauten Geflecht ein ähnliches
Meisterwerk wie sein Vorgänger ist. Einmal mehr schreckt dabei, wie beängstigend aktuell
und realistisch er ist.
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