JOHN DICKIE: „DIE FREIMAURER“


Von Beginn an rankten sich Spekulationen und feindselige Gerüchte um die Freimaurer, denn dieser Geheimbund hatte sagenumwobene Gebräuche und sein Treiben war kaum durchschaubar. Dabei schürten die Freimaurer den Anstrich des Mysteriösen allerdings selbst durch gezielte Geheimniskrämerei.
Noch heute herrschen allgemein Vorurteile und aberwitzige Vorstellungen von ihrem Wesen und Wirken. Um so verdienstvoller ist John Dickies wissenschaftliche Untersuchung unter dem Titel „Die Freimaurer. Der mächtigste Geheimbund der Welt“. Für diese erste umfassende Darstellung hat der Historiker am University College London über Jahre akribisch recherchiert.
Tatsächlich geht der Freimaurerbund auf das einst hochangesehene Handwerk der Steinmetze zurück, die einst all die Kathedralen und Burgen schufen. Als Gründungsdatum der Logen gilt das Jahr 1717, allerdings ließ bereits der schottische König Jakob I. ein Jahrhundert zuvor die Steinmetzgilden neu erblühen. Was da schließlich als Geheimbund entstand, war eine mit geheimnisumwobenen Aufnahmeriten, Ritualen und Symbolen arbeitende Bruderschaft.
Zu den sehr eigenen Regeln gehörte von Anfang an eine mit drastischen Strafandrohungen bewehrte Verschwiegenheitspflicht. Deren barbarische Ahndungen jedoch rein theoretischer Natur waren. Doch diese angeblich so unbedingte Verschwiegenheit der Freimaurer schuf von Beginn an die teils noch heute wirkende Aura von Faszination und Misstrauen und war zugleich ein Schlüssel zur Erfolgsgeschichte der Freimaurer.
Innerhalb der Bruderschaft galt die Gleichheit aller ohne Ansehen von Rasse, Glauben und Klasse. Und in diesem reinen Männerbund hatte sich ein jeder der Selbstveredelung verschworen. Besonders im 18. und 19. Jahrhundert erfolgte der in alle Welt hinausgehende Aufstieg der Freimaurer. Da war es mit hohem Prestige belegt, „im Besitz der masonischen Geheimnisse zu sein.“
Und viele namhafte Freimaurer wurden zu Vorreitern der Aufklärung und neuer demokratischer Gesellschaftsformen. So gründeten George Washington und Thomas Jefferson die USA nach einem masonischen Konzept und noch heute zieren Freimaurersymbole u.a. die Dollarscheine.
Gleich 14 US-Präsidenten und fünf englische Könige gehörten Logen an und es finden sich viele berühmte Namen in ihren Annalen von Goethe und Mozart über Garibaldi und Churchill bis Henry Ford und Duke Ellington.
So viel Einfluss bei gleichzeitiger Abschottung sorgte aber auch von Beginn an für Feindschaften insbesondere autoritäterer Systeme. Zu den radikalsten Bekämpfern dieser freien Geister zählten neben den allein seligmachenden Religionen (Katholizismus/Islam) auch Diktatoren wie Mussolini, Hitler und Stalin und natürlich sind die Freimaurer auch in China verboten.
Doch der Autor beschreibt hinsichtlich des Wirkens der Bruderschaft selbst neben Licht auch Schatten. So ließen sich Logen von verbrecherischen Geheimbünden wie der sizilianischen Mafia und dem Ku-Klux-Klan usurpieren. Andererseits führten Missverständnisse, Missgunst und Anfeindungen auch zu Auswüchsen wie der Verschmelzung von Antisemitismus und Freimaurerhass.
Dem Historiker gelingt es durchweg, die komplexen Züge des Freimaurertums anschaulich zu machen. Dabei geht er wohltuend wissenschaftlich objektiv vor und schreibt zugleich sehr unterhaltsam. Und es ist abschließend festzustellen: John Dickie ist kein Freimaurer.

# John Dickie: Die Freimaurer. Der mächtigste Geheimbund der Welt (aus dem Englischen von Irmengard Gabler); 544 Seiten, div. Abb.; S. Fischer Verlag, Frankfurt; € 26

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) 

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