ILONA HARTMANN: „LAND IN SICHT“


Was treibt eine 24-Jährige aus Berlin ausgerechnet an Bord der MS „Mozart“, einem Donaukreuzfahrtschiff mit gediegenem altbackenem Charme und einer Passagieransammlung, aus der fast alle altersmäßig ihre Großeltern sein könnten? Es handelt sich um Jana Bühler und sie hat ein sehr spezielles Anliegen.
Davon erzählt Ilona Hartmanns Novelle „Land in Sicht“ mit wortgewandter Flapsigkeit und es ist ein Grundmuster, das nicht neu in der Literatur ist. Janas Vater verschwand noch vor ihrer Geburt, die Mutter gibt sich wenig auskunftsbereit und immer mehr empfindet die Ich-Erzählerin das Nichtkennen als große schmerzliche Leerstelle in ihrem Leben.
Und dann stolperte sie im Internet über seinen Namen, denn dieser Milan Blazek, einst aus der Tschechoslowakei geflohen, arbeitet inzwischen als Kapitän auf der MS „Mozart“. Natürlich will sie ihn sehen und vielleicht sogar kennenlernen. Erst einmal aber lernt sie das Wesen einer bedächtigen Flusskreuzfahrt unter lauter Grauköpfen und mit krankenhausähnlich durchstrukturiertem Tagesablauf kennen.
Tatsächlich überwindet sie schließlich ihre Hemmungen und spricht den so lange Vermissten an. Was sich banaler gestaltet, als man hätte annehmen können. Sie msutert ihn eher wie ein exotisches Tier, diesen unaufgeregten Schiffsführer mit der bunten unsteten Vergangenheit. Emotional bleibt das auf beiden Seiten überraschend flach und als es ans Ende der Reise geht, empfindet sie den Vater als „fremdes Geräteteil“.
Allerdings erscheint ihr Erzeuger noch indifferenter als sie und präsentiert seiner Tochter zum flüchtigen Abschied eine altmodische Sonnenbrille als Abschiedsgeschenk. Wirklich bleibend ist für sie lediglich die Erkenntnis, dass ihr Leben immer noch dasselbe ist - „aber nicht mehr das gleiche“.
Aus dieser Grundkonstellation und vor allem auch aus den nur angerissenen illustren Nebenfiguren in diesem geschlossenen Kosmos des Kreuzfahrtschiffes hätte die Autorin deutlich mehr machen können. Mit kompakterem Spannungsbogen und mehr Tiefe sämtlicher Protagonisten hätte aus diesem sprachlich so gediegenen Debüt mehr als nur ein kleiner Unterhaltungsroman werden können.

# Ilona Hartmann: Land in Sicht; 159 Seiten; Blumenbar Verlag, Berlin; € 18

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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