NAOKO ABE: „HANAMI“


Alljährlich im Frühjahr verwandelt sich Japan in ein Meer von rosa-weißen Kirschblüten. Das Volk feiert das mit dem Kirschblütenfest, das zahlreiche Menschen auch jeweils mit Meilensteinen in ihrem Leben verbunden.
Hanami heißt das nationale Fest und bei Naoko Abe war es zum Beispiel der Abschluss der Ausbildung zur Journalistin, den sie vor dem Hintergrund der Kirschblüte feierte. „Japans Liebe zu Zierkirschen kommt einer Obsession gleich, wie es sie kein zweites mal gibt“, stellt sie dazu fest. Dabei wäre diese seit über 1200 Jahren praktizierte Tradition beinah zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitgehend untergegangen.
Mit Macht wurden Modernisierung und Industrialisierung vorangetrieben und dazu gehörte auch das Abholzen der inzwischen als dekadent empfundenen Kirschbaumhaine. Wie die Rettung erfolgte, wissen jedoch die meisten Japaner kaum mehr und auch Naoko Abe war erstaunt, als sie schließlich von dem englischen Retter hörte. Doch was sie dabei herausfand, faszinierte die inzwischen in England lebende Journalistin derartig, dass sie diesem Mann eine ganze Biografie widmete.
Unter dem Titel „Hanami. Die wundersame Geschichte des Engländers, der den Japanern die Kirschblüte zurückbrachte“ erzählt Naoko Abe die Geschichte von Collingwood Ingram (1880-1981), der sich zu Recht den freundlich gemeinten Spitznamen „Cherry“ verdiente. Der Sohn aus reichem Hause war Offiziere, Reisender, Gärtner, Dendrologe und Ornithologe. Seine größte Leidenschaft aber galt der Arbeit als Botaniker und hier insbesondere der Japanischen Kirsche.
1902 reiste er erstmals nach Japan und verfiel dem Zauber der Kirschblüten rettungslos. Ihre vergängliche Schönheit solche nicht mit der Modernisierung untergehen und so nahm er auf mehreren Reisen ins „Land der aufgehenden Sonne“ bis 1926 immer wieder Pflanzen mit nach England. Gut 50 Arten mögen es gewesen sein.
Am Wohnsitz Benenden in Kent legte er einen großen Landschaftsgarten an und er züchtete die Zierkirschen nicht nur in zahlreichen Varietäten, er schuf durch Okulieren auch neue. Und er heilt ein Versprechen: er brachte die Nationalpflanze Japans in ihre Heimat zurück, gerettet vor der Ausrottung und zu neuer Pracht.
Naoko Abe aber beschreibt nicht nur das Leben des Exzentrikers, der sich als „Hüter der Kirschbäume“ hohe Verehrung erwarb, sie widmet sich auch der Geschichte des Landes und der Bedeutung des Hanami zum besseren Verständnis. Zudem schildert sie einiges zur Botanik der japanischen Zierkirschen. Fazit: ein wunderbares, sehr unterhaltsames Buch insbesondere für jeden Natur- und Gartenfreund.

# Naoko Abe: Hanami. Die wundersame Geschichte des Engländers, der den Japanern die Kirschblüte zurückbrachte (aus dem Englischen von Christa Prummer-Lehmair und Rita Seuß); 432 Seiten, div. Abb.; S. Fischer Verlag, Frankfurt; € 23

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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