MARY MacLANE: „ICH ERWARTE DIE ANKUNFT DES TEUFELS“


Sie war ganze 19 Jahre jung, höchst frustriert und ohne nennenswerte literarische Vorbildung, als sie sich hinsetzte und einen einzigartigen Debütroman unter dem Titel „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“ verfasste. Ganz bewusst autobiografisch und unerhört dreist.
Mary MacLane (1881-1929) lebte zu der Zeit seit Jahren mit ihrer Durchschnittsfamilie in der hässlichen aber prosperierenden Bergbaustadt Butte im abgelegenen, provinziellen Montana. Gleich zur Eröffnung bezeichnet sie sich selbst in der 3. Person als „Mary MacLane, die in der Welt nicht ihresgleichen kennt“. Und sie schreibt in der festen Absicht, ihr Werk zu veröffentlichen und berühmt damit zu werden.
Sie verfasst es in Tagebuchform und beginnt damit am 13. Januar 1901 mit unverhohlenem grantigen Narzissmus, schließlich fühlt sie nicht nur „eine ganz ungewöhnliche Lebensintensität in mir“. Und empfindet es als derartig entsetzlich grau und langweilig in dieser mediokren Malocherstadt, dass sie sich sogar mit dem Teufel einlassen würde, um dem zu entrinnen. Der soll sie aus der Ödnis ihrer Gegenwart entreißen.
Schließlich sei sie ein Genie ganz eigener Art mit einem jungen guten Frauenkörper, wie sie mit provokanter Großmäuligkeit immer wieder ebenso betont wie all ihre sonstigen Vorzüge. Das ist auf markig herausfordernde Weise ganz und gar ernst gemeint und wirkt in seiner wuchtigen Intensität mal verstörend, mal faszinierend. Glühende Verachtung für das Mittelmaß wechselt sich ab mit Freitodgedanken, wenngleich vorerst nur hypothetisch: „Ich flirte jetzt mit dem Tod.“
Genüsslich überschreitet die 19-Jährige aus der Provinz als bekennende „schockierende Bohémienne“ sämtliche damaligen Moralvorstellungen. Und – dieses wuchtige autobiografische Manifest wird nicht nur zum Skandal sondern auch zu einem fulminanten Erfolg, dem noch weitere, ähnlich autobiografische folgen.
Um so verdienstvoller ist es, dass dieser außergewöhnliche Roman nun erstmals auch in deutscher Fassung vorliegt. Im Nachwort gibt Ann Cotten, die auch für die hervorragende Übersetzung verantwortlich zeichnet, einige interessante Erläuterungen zum Werk und dessen damaliger Rezeption. Fazit: die späte spannende Entdeckung einer einstigen literarischen Sensation.

# Mary MacLane: Ich erwarte die Ankunft des Teufels (aus dem Amerikanischen von Ann Cotten); 206 Seiten; Reclam Verlag, Ditzingen; € 18

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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