HORST ECKTERT: „IM NAMEN DER LÜGE“


Die RAF war zurückgekehrt. Als Rentnergang mit Panzerfaust. Während Rechtsextremisten die Machtergreifung planten. Diese Feststellung trifft die junge Leiterin des Referats Linksextremismus beim Düsseldorfer Verfassungsschutz.
Mit diesem unheilschwangeren Prolog beginnt Horst Eckerts neuer Politthriller „Im Namen der Lüge“. Hatte der Meister dieses Genres schon in seinem Roman „Wolfsspinne“ übelste Machenschaften von Verfassungsschützern und dem tiefbraunen Sumpf entlang konkreter Ereignisse thematisiert, wird es diesmal noch ungemütlicher für die Demokratie in unserem Land.
Im Mittelpunkt steht hier zunächst Melia Khalid, trotz ihres Namens Deutsche, aber unübersehbar somalischer Abstammung und dennoch mit 32 bereits Regierungsrätin. Wobei sie wert darauf legt, dass sie das nicht ihrem einstigen Erzeuger Andreas Götz verdankt, einer hochstehenden Politgröße im Bundestag.
Erneut begeht ein einstiges RAF-Trio einen Überfall und es mehren sich Anzeichen, dass sich die Antifa nach den Machtdemonstrationen der Staatsgewalt beim G20-Gipfel in Hamburg radikalisiert und der Verdacht rumort, eine RAF der 4. Generation sei im Entstehen. Wenig zimperlich in ihren Mitteln, rekrutiert Melia Jens Nickel, linker Buchhändler und einst selbst aktiv bei der RAF – aber auch als V-Mann für den Verfassungsschutz.
Parallel muss die Kriminalpolizei einen vermeintlichen Eifersuchtsmord aufklären. Kommissar Vincent Che Veih, hier in seinem mittlerweile vierten Fall, kommen jedoch schnell Zweifel. Spätestens als er „von oben“ ausgebremst wird, verfolgt er eine ganz andere Fährte, denn der Ermordete war investigativer Journalist und recherchierte zu den Reichsbürgern. Alle Unterlagen sind verschwunden und am Klingelschild des Tathauses fand sich das Namensschild „Freie Republik Hellerhof“.
Über Nickels Buchhandlung puscht sich die linksextreme Szene hoch und Pamphlete signalisieren die Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes. Als dann aber auch ein Bürohaus abgefackelt wird, in dem sich unter anderem ausgerechnet die Geschäftsstelle der AfD befand – und das drei Wochen vor den Landtagswahlen! - kommt es zu Massenverhaftungen. Bei den dadurch ausgelösten Demonstrationen schreiten zur Niederschlagung Horden der rechtsextremen Westkreuz-Organisation ein.
Melia aber wird intern massiv kaltgestellt, während in ihrer Behörde zugleich nicht nur die höchst militanten Westkreuzler als ideologisch unbedenklich eingestuft werden. Doch wie Vincent Veih heizt das auch bei Melia Khalid gerade erst den Ehrgeiz an. Und dann begegnen sich die Beiden dienstlich, als Herlinde Weiß, eine aus dem RAF-Rentnertrio, brutal ermordet wird.
Und immer mehr schaukeln sich die Dinge auf bis hin zum versuchten Bombenanschlag auf das Innenministerium und weiteren schwersten Straftaten, denn: „die völkisch-nationalistische Revolution“ wittert angesichts der politischen Konstellationen und ihrer intensiv betriebenen Infiltration Morgenluft.
Rote Zecken oder brauner Mob? Doch diese Frage greift sogar noch zu kurz. Und das Alles entwickelt eine unentrinnbare Sogwirkung und treibt nicht nur mit atemberaubender Geschwindigkeit in ein schwindelerregendes Finale – es spielt sich auch vor sehr realem Hintergrund ab und lässt in seiner Aktualität frösteln.
Zudem sind Geschichte, Dramaturgie und Charakterzeichnungen einmal mehr brillant. Fazit: ein höchst beunruhigender Leckerbissen auf Weltklasseniveau, der unbedingt verfilmt werden sollte. Andererseits gibt es einen echten Lichtblick, denn es wird weitere Kooperationen von Melia Khalid und Vincent Che Veih geben.

# Horst Eckert: Im Namen der Lüge; 571 Seiten, Klappenbroschur; Heyne Verlag, München; € 12,99


WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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