TILLMANN BENDIKOWSKI: „EIN JAHR IM MITTELALTER“


Über die Zeit des Mittelalters gibt es viel Literatur, eine solch originelle Darstellung wie die von Tillmann Bendikowski aber eröffnet erfrischend neue Sichtweisen. Wobei es dem Historiker maßgeblich nicht um die hinlänglich bekannte Geschichte dieser Epoche geht sondern um deren Alltagsgeschichte.
„Ein Jahr im Mittelalter“ lautet der Titel und der Untertitel offenbart das Spektrum der Themen: „Essen und Feiern, Reisen und Kämpfen, Herrschen und Strafen, Glauben und Lieben“. Die spannende Idee des Autors ist dabei die Anknüpfung dieser Ausführungen im wesentlichen an die zwölf Monate des Jahres 1164. Insgesamt umreißt das Themenfeld auch die Zeit davor und danach.
1164 ist das Jahr, in dem die Reliquien der Heiligen Drei Könige nach Köln kommen – ein geschichtlich bedeutsamer Vorgang mit Folgen – und es gibt weitere Neuerungen wie den Bau erster Windmühlen. Natürlich kommen auch weltgeschichtlich einschneidende Ereignisse zur Sprache mit ihren Auswirkungen bis hinunter zum einfachen Volk.
Zu Beginn des Jahrhunderts läuft der erste Kreuzzug, dem bis zum Ende noch zwei weitere folgen. 1139 wird die grundsätzliche Ehelosigkeit der Priester beschlossen und Kaiser Friedrich Barbarossa drückt nicht nur der deutschen Geschichte von 1152 bis 1190 seinen Stempel auf. Ohnehin war der größte Teil der Bevölkerung in allen Lebensbereichen von Kirche und Rittertum beherrscht, selbst wenn sich ein erstes Bewusstsein der Städter andeutete.
Die zwölf Kapitel der Monate widmen sich dabei in sinnvoller Form allen Facetten des vom Ritter bis zum Leibeigenen nicht leichten Lebens jener Zeit. Neben Glaube und Kriegen spielten allein die Auswirkungen von insgesamt fünf Hungersnöten in diesem Jahrhundert eine gewichtige Rolle. Die meisten Menschen lebten in Unfreiheit, Krankheiten allerdings bedeuteten in diesen Zeiten ohne Ansehen der Person stets Qual und oftmals den sicheren Tod.
Das gesellschaftliche Leben wird sehr anschaulich dargestellt. Einerseits waren Frauen generell ihren Männern untertan, andererseits spielen sie im gut ausgeleuchteten Geschlechtsleben eine deftige Rolle. Wie überhaupt Sitten- und Strafkodex uneinheitlich waren und der Klerus nicht immer erfolgreich mit seiner Einflussnahme war.
Aspekte wie Essen und Trinken, Architektur, Rechtsprechung und rabiates Strafrecht fließen mit vielen aufschlussreichen Details ein und sind stets wissenschaftlich fundiert. Bendikowski hat all dies nicht mit dem Anspruch neuer Forschungsergebnisse verfasst. Vielmehr geht es ihm um diese Gesamtschau des Lebens im Mittelalter und die ist ihm hervorragend gelungen.
Bei allem wissenschaftlichen Anspruch ist das sehr lebendig geschrieben und zur Qualität dieses erzählenden Sachbuchs tragen auch die zahlreichen Abbildungen viel bei, die jeweils ein Zuordnung zu den jeweiligen Ausführungen haben.

# Tillmann Bendikowski: Ein Jahr im Mittelalter. Essen und Feiern, Reisen und Kämpfen, Herrschen und Strafen, Glauben und Lieben; 446 Seiten, 100 farbige Abb.; C. Bertelsmann Verlag, München; € 28

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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