DEON MEYER: „BEUTE“


Deon Meyer legt einen neuen Thriller vor und natürlich stehen bei „Beute“ - so der Titel – wieder die Kapteins Bennie Griessel und Vaughn Cupido von der Spitzenabteilung „Valke“ der Kapstädter Polizei im Mittelpunkt. Zur Eröffnung jedoch rettet der hünenhafte Afrikaner Daniel Darret im französischen Bordeaux mit brachialem Körpereinsatz eine Frau vor fünf Räubern.
Ansonsten aber entwickelt sich dieser Roman zunächst eher gemächlich, als Kolonel Mbani Kaleni ihren beiden Spitzenermittlern Griessel und Cupido einen nicht mehr ganz frischen Fall überträgt. Die Leiche eines ehemaligen Polizisten der Personenschutzabteilung wurde in der Wüstenei an der Bahnlinie gefunden. Mühsam finden sie heraus, dass der Ex-Kollege eine alte Dame im Luxuszug „Pride of Africa“ begleitet hatte.
Und dass er entgegen ersten Annahmen mit einer typischen Bandenwaffe erstochen wurde, bevor er aus dem Zug stürzte. Um so empörter reagieren die erfahrenen Kripo-Beamten und ihre Chefin, als von ganz oben die „Anregung“ erfolgt, den Fall als Suizid abzuschließen. Kaleni spricht von Staatskorruption, die sich vom Präsidenten über den Polizeiminister bis in viele Ebenen darunter ziehe, allesamt manipuliert und korrumpiert von der superreichen indisch-stämmigen Gupta-Familie.
Womit sich Meyers neuer Roman als äußerst brisant und aktuell erweist, denn tatsächlich hat schon 2016 der Report der Korruptionsbeauftragten Thuli Madonsela von einem „State Capture“ gesprochen und für Aufsehen gesorgt. Der einst verdienstvolle ANC-Kämpfer Jacob Zuma im großen Struggle, dem Kampf gegen das Apartheids-Regime, hatte sich seit seiner Amtsübernahme 2009 zu einem zügellosen Raffzahn gewandelt.
Zu dessen Mitstreitern aus alten Zeiten gehörte auch Lonnie May, der sich heimlich mit Gleichgesinnten zusammengeschlossen hatte, um für Abhilfe zu sorgen: „Wir können uns unseren Präsidenten nicht mehr leisten. Er richtet zu großen Schaden an.“ Deshalb sucht er auf geheimen Wegen den seit Jahren in Bordeaux als Restaurator zurückgezogen lebenden Daniel Darret auf – einst unter seinem wahren Namen Tobela Mpayipheti ein meisterhafter Auftragskiller mit Ausbildung durch den KGB.
Erst der Brandbrief eines alten ANC-Freundes, dessen Tochter vom Präsidenten eingeladen und dann vergewaltigt worden war, bewegt Tobela schließlich zur Übernahme des Auftrags, den Präsidenten zu eliminieren, denn: Er hatte für die Demokratie gekämpft und eine Kleptokratie bekommen.“ Doch Zuma hat mächtige Freunde, die per „Kompromat“ viel Geld aus ihm herausquetschen wollen, und so wird Tobela zwar zum Jäger, aber zugleich selbst von gnadenlosen russischen Geheimagenten gejagt.
In Kapstadt beschließen derweil Kaleni, Griessel und Cupido, quasi „unterm Radar“ weiterzumachen. Und sie werden diskret über Kelanis Freundin zu einem weiteren Tatort geholt: sie hat ihren Vater Menzi Dikela tot im Haus gefunden, augenscheinlich von eigener Hand erschossen. Was außer der Tochter auch die Ermittler bald anzweifeln, weil so manches einfach nicht passt. Zumal Dikela einst Sicherheitsmann und IT-Spezialist erst beim ANC und später für die Regierung war. Aber auch einer der 16 alten ANC-Kämpfer, die einen Aufruf gegen die Staatskorruption unterzeichneten hatten.
Längst hat der Roman bis dahin ganz andere Dimensionen erreicht und während Griessel und Cupido – die ganz nebenher privat komplizierte menschliche Beziehungsprobleme bewältigen müssen – ihre Karriere ebenso aufs Spiel setzen wie die idealistische Kaleni, läuft auch Tobelas Aktion auf ein spannungsgeladenes Finale zu. Und es gelingt Meyer in alter Meisterschaft auf Weltniveau, die Handlungsstränge in Verbindung zu bringen.
Selten war der Autor so hochaktuell mit zuweilen direkten Verweisen zu den historischen Gegebenheiten. Abgefasst in klarer, zielführender Sprache, die auch schon mal deftig wird und manch knorrigen Humor aufweist, ist „Beute“ für jegliche Freunde realistischer Thriller ein Hochgenuss.

# Deon Meyer: Beute (aus dem Afrikaans von Stefanie Schäfer); 444 Seiten: Rütten & Loening Verlag, Berlin; € 20

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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