DENIS SCHECK: „SCHECKS KANON“


Einen Kanon bester Bücher aufzustellen, ist so eine Sache, denn woran misst sich die Qualität und Bedeutung eines literarischen Werkes und wie subjektiv wäre eine solche Rangliste?
Mit Denis Scheck hat sich nun Deutschlands renommiertester Literaturkritiker an dieses Wagnis begeben und an Selbstbewusstsein mangelt es dem aus den Medien bestens bekannten Rezensenten bekanntlich nicht. Mit allerlei witzigen und oft auch beißend satirischen Kommentaren geht er üblicherweise ans Werk und er ist die markante Persönlichkeit, die von ihm für schlecht befudene Bücher ganz real vor laufender Kamera „in die Tonne kloppt“.
Nun also „Schecks Kanon. Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“. In seinem ausführlichen Vorwort nennt er sein Vorhaben selbst „ein frivoles Unternehmen“ und der Meister der knackigen Verrisse schränkt selbst die Allgemeingültigkeit seiner Auswahl ein. Immerhin spannt sich der Bogen bei ihm von „Krieg und Frieden“ bis zu „tim und Struppi“ - womit er den Comics einschließlich jener aus Entenhausen einen durchaus gebührenden Platz einräumt.
Er selbst antwortet auf die unausweichliche Frage danach, was denn das Lesen lohne, überzeugend: „Zur Weltliteratur zählt für mich ein Werk, wenn es meinen Blick auf die Welt nachhaltig verändert.“ Und da wird es dann doch arg subjektiv, vor allem aber auch teils nur schwer nachvollziehbar. James Joyces schwer verdaulicher „Ulysses“ mag ja noch angehen, doch Arno Schmidts ebenso chaotischen wie abseitigen „Zettels Traum“ aus verknöcherten Adenauer-Zeiten anzudienen, während die zumindest für deutschsprachige Leser großen Namen wie Heinrich Böll und Günter Grass mit ihren prägenden Romanen nicht stattfinden – das muss doch befremden.
Zumal wenn dann eine Produzentin von Massenware wie Agatha Christie aufgeführt ist. Und welchen Rang hat ein solch fast vergessener Literat wie Khalil Gibran gegenüber zum Beispiel einem Hans Fallada? Was man ebenso fragen könnte hinsichtlich der Lyrik von Gertrud Kolmar, wenn prägende Meister wie Paul Celan oder Gottfried Benn nicht stattfinden.
Fazit: es ist eine Wonnen, Schecks Ausführungen zu lesen, als Kanon aber erscheint sein Buch eher zweifelhaft. Genießen kann man ihn gleichwohl, eben als eine pointierte und geistreiche Anregung für Literaturfreunde, die das ein oder andere Juwel bisher nicht kannten oder nicht wussten, warum es denn das Lesen wert wäre.

# Denis Scheck: Schecks Kanon. Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur von „Krieg und Frieden“ bis „Tim und Struppi“; 480 Seiten, ill.; Piper Verlag, München; € 25

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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